14. Tag
Dank der kleinen Programmänderung gestern mussten wir auch heute erst um 09.00 Uhr los. Also nochmal länger schlafen und gemütlich frühstücken. Auch mal schön. Bis Shanghai waren es nur 140 km. Dennoch brauchten wir etwa 4 Stunden – natürlich mit Pausen. Unser erster Stop nach Ankunft in Shanghai war der Volksplatz am Museum, dass wir heute eigentlich besuchen wollten. Da aber montags alle Museen geschlossen sind, disponierte Uwe um. So aßen wir erstmal zu Mittag. Da unser Restaurant noch nicht ganz startklar war hatten wir ein wenig Zeit, uns in der Einkaufspassage umzuschauen. Verrückt, was es hier alles gab: einen Wellness-Salon für Tiere, etliche Automaten mit Stofftieren, die man mit einem Greifarm und viel Glück herausangeln konnte, Karaoke-Automaten und große Flächen mit den unterschiedlichsten Computerspielen. Die Lokale und das Essen sind auf große Gruppen ausgelegt und häufig sehr touristisch. Heute war leider sowohl das Restaurant, als auch das Essen, alles andere als gut. Die inkludierten Mahlzeiten fanden meistens mittags statt. Dafür konnten wir abends selbst wählen und wurden bisher nicht enttäuscht. Ein guter Ausgleich also.
Nach dem Mittagessen fuhren wir erstmal zum Bund, wie die 2,6 km lange Uferpromenade mit Blick auf die Skyline von Shanghai bezeichnet wird. Entstanden ist der internationale Begriff „The Bund“ ursprünglich aus dem Persischen Hindustani-Wort „band“. In Indien meinte man damit allgemein künstliche Aufschüttungen wie Dämme; in Chinas englischen Vertragshäfen Kais. Der Bund liegt am westlichen Ufer des Huangpu-Flusses. Auf der Seite von Huangpu stehen viele historische europäische Kolonialbauten. In den Gebäuden sind heute überwiegend Banken, Versicherungen und Konsulate untergebracht. In früheren Zeiten waren es Unternehmen aus Großbritannien, Frankreich, den USA, Russland, dem Deutschen Reich und Japan. Gegenüber dem Bund befindet sich die Sonderwirtschaftszone Pudong. Das Areal war sehr dünn besiedelt, bis sich dort ab 1990 eine atemberaubende, weltweit bekannte Skyline entwickelte. Auf 1.200 km² leben inzwischen 2,6 Millionen Menschen. Zu den ersten Gebäuden gehörte auch der Fernsehturm „Oriental Pearl Tower“, der 1995 fertig gestellt wurde. Noch heute fügt er sich bestens zwischen all‘ den modernen Wolkenkratzern ein und macht die Skyline zu einer einzigartigen Kulisse. Mit 468 Meter Höhe ist er der dritthöchste Fernsehturm in Asien und der fünfthöchste der Welt. Um ihn herum befinden sich der „Jin Mao Tower“ (420 Meter), das „World Financial Center“ (492 Meter) und der „Shanghai Tower“ (632 Meter), das zweithöchste Gebäude der Welt. Natürlich waren die alten Kolonialbauten als Zeitzeugen der Geschichte beeindruckend, dennoch übertraf die Skyline alles. Ein absolutes Highlight auf unserer Rundreise. Unser erster Ausflug hierher von knapp 1,5 Stunden diente einem ersten Überblick. Wir konnten uns alle nicht satt sehen und Uwe musste uns loseisen, schließlich hatten wir heute noch mehr vor.
Zum Beispiel Bummeln auf der berühmten Nanjing Straße, einer der größten Einkaufsstraßen der Welt. Ihr östlicher Teil mit Geschäften, Restaurants und Cafés sowie riesigen Leuchtreklamen liegt im Stadtbezirk Huangpu und reicht vom Bund bis zum Volksplatz. Ihr westlicher Teil mit überwiegend teuren Luxuskaufhäusern beginnt am Volksplatz und geht bis zum Stadtbezirk Jing’an, wo unser Hotel lag. Insgesamt hatten wir 2 Stunden Freizeit, in der wir uns das bunte Treiben ansahen. Imposant war unter anderem der riesige Lego-Store, in dem der Fernsehturm über 3 Etagen aus 540.836 Legoteilen nachgebaut war. Wahnsinn! Und nur ein kleiner Einblick in die Dimensionen Shanghais. Auch interessant war die Fassade eines Gebäudes, an der ein übergroßes altmodisches Thermometer hing. Preislich war es ähnlich wie in Deutschland, teilweise auch teurer.
Nach diesem Einkaufsspaß, vor allem für unsere Frauen, die in der Gruppe auch in der Mehrheit waren, fuhren wir erstmal ins Hotel. Auch in Shanghai bot Uwe uns für den Abend eine Lichterfahrt an (20 € pro Person) und alle waren mit von der Partie. Zum Ausruhen war keine Zeit, da es bereits dunkel wurde. So huschten wir nach dem Check-In nur schnell ins Zimmer, machten uns fix frisch und die Nacht in Shanghai konnte kommen. Auf der Fahrt Richtung Zentrum beobachteten wir, wie nach und nach die Lichter erstrahlten. Das Spektakel in Form der Stromrechnung zahlt die Regierung. Es geht immerhin darum, mit New York, Tokio und Hongkong mitzuhalten. Als wir im Stadtteil Pudong aus dem Tunnel herausfuhren, standen wir mit unserem Bus in der Mitte von „Jin Mao Tower“, „World Financial Center“ und „Shanghai Tower“. Mr. Wu überraschte uns damit, dass genügend Zeit eingeplant war, um auf einen der Tower hochzufahren. Seine Empfehlung war der kleinere Jin Mao Tower (ca. 10 €), für den sich die meisten entschieden. Wir wollten gerne auf den höheren Shanghai Tower (ca. 20 €). Ohne langes Anstehen erreichten wir zügig den Aufzug und schossen mit 18 Meter/Sek hoch hinaus. Die Aussicht war grandios: Shanghais Lichtermeer lag unter uns soweit das Auge reichte. Auf der gesamten Plattform herrschte ein ziemliches Gewusel von Menschen. Für das ein oder andere Foto brauchte es dann eben auch ein bisschen Geduld. Obwohl der Jin Mao Tower nur 200 Meter niedriger ist, sah er von hier oben klein aus. Mehr auf Augenhöhe lag der Flaschenöffner, der seinen Namen einer Öffnung in den obersten Stockwerken verdankt, die ihn eben aussehen lässt wie einen Flaschenöffner. Chinas neuester Bau ist zurzeit ein Wolkenkratzer, der über 1.200 Meter hoch werden soll. Ein weiteres Beispiel für die höher-größer-weiter-Mentalität. Die Zeit verging natürlich viel zu schnell – wie immer, wenn etwas so fantastisch ist.
Als nächstes besuchten wir im Stadtteil Huangpu noch einmal die Nanjing Straße, die wir am Nachmittag bei Tageslicht erkundet hatten. Jetzt, wo von überall her die Leuchtreklamen blinkten, war der Anblick ein ganz anderer. Die Straße war prall gefüllt mit Menschen, die heute Abend nicht hauptsächlich shoppen, sondern die Atmosphäre genießen wollten. Das Thermometer kam jetzt erst richtig zur Geltung: wir hatten immer noch 26 Grad und leichten Wind – ein angenehmer Abend.
Beim dritten Stopp hielten wir hinter der russischen Botschaft. Von dort lotste Mr. Wu uns auf eine eiserne Brücke und erklärte uns, wir sollten hinter der Brücke nach links gehen. Die Zeit, zu der wir wieder am Ausgangspunkt sein sollten, hatte er schon durchgegeben. Wir stapften los und schon bevor wir die Brücke halb überquert hatten, bot sich uns ein Lichtermeer ohne gleichen. Langsam gingen wir durch den „Huangu-Park“ auf den Bund zu. Die Skyline ist tagsüber schon atemberaubend, aber beleuchtet noch grandioser. Auch die alten Kolonialbauten erstrahlten hell. Einer ist übrigens Big Ben in London nachempfunden, mit englischer Glocke und Uhr. Definitiv mein persönlicher Höhepunkt auf unserer China-Reise. Ich glaube kaum, dass sich dieses Erlebnis noch toppen lässt.
Unsere letzten Station der heutigen Nacht war das noble Ausgehviertel Xintiandi, in dem ein Bier 10 € kostet. In dem alten Teil von Shanghai ist eine nette Straße mit vielen Restaurants und Bars entstanden, viele davon westlich, zum Beispiel das Paulaner. Draußen in den Biergärten herrschte auch nach 22.00 Uhr noch Hochbetrieb. Wir schlenderten die Straße entlang bis zum Gründungshaus der kommunistischen Partei Chinas, wo unser Bus uns schon erwartete. Gegen Mitternacht sanken wir voller Eindrücke in die Kissen.