Dezember 2011 - Januar 2012

Reisebericht: Indien - Delhi & Rajasthan

Willkommen in Indien! Besuchen Sie auf Ihrer Reise pulsierende Metropolen wie Delhi, Agra und Jaipur und bewundern Sie prachtvolle Bauwerke. Ein spirituell vielfältiges Land, dessen Menschen Sie mit offenem Herzen begrüßen werden, erwartet Sie.

Chronist Manfred in Indien
Mein Tipp

Pulsierende Metropolen in Indien

Manfred, Berge & Meer Chronist

Hallo liebe Leser,

mein Name ist Manfred und ich werde für Sie während der Indien Rundreise Tagebuch führen.

Ich bin 72 Jahre alt, seit 51 Jahren glücklich verheiratet und wir haben gemeinsam vier Söhne großgezogen und freuen uns nach einem intensiven und interessanten Berufsleben über unsere Enkelkinder und genießen das Reisen.

Bis bald

Manfred

1. Tag:

Anreise nach Delhi

Die Anreise gestaltet sich etwas holprig, da die meisten Teilnehmer bereits am Vortag anreisen mussten, da der City Hopper von Frankfurt nach Amsterdam-Schippol bereits um 6:55 Uhr starten sollte. Durch Schneefall in der Nacht verzögerte sich der Abflug aber um 90 Minuten, weil der Flieger erst enteist werden musste. Wir waren aber trotzdem rechtzeitig in Schippol. Hier sollten wir um 11 Uhr starten, aber auch hier verzögerte sich der Abflug um genau 60 Minuten. Mit hoher Geschwindigkeit, zeitweise über 1.100 km/h, also nicht allzu weit von der Schallmauer entfernt, und in über 11.000 m Höhe wurde der Zeitverlust wieder wett gemacht, so dass wir planmäßig um 23:22 Uhr in Delhi gelandet sind.

2. Tag:

Delhi

Kurz nach Mitternacht wurden wir von unserem Reiseleiter ''Vivek'' herzlich begrüßt sind zum Bus gegangen und wurden mit einem Blumenkranz und kleinen Geschenken bedacht. Gegen 1:30 Uhr haben wir unser Hotel erreicht konnten nur ein paar Stunden schlafen, denn bereits um 6:30 Uhr kam der Weckruf. Nach einem ausgezeichneten Frühstück, fuhren wir pünktlich um 8:00 Uhr zu unserer ersten Besichtigung, dem ''Jama Masjid'' (Freitagsmoschee). Es ist die größte Moschee Indiens, die auf dem riesigen Hof für ca. 25.000 Gläubige Platz bietet. Erbaut wurde sie im Auftrag von Sultan Sha Jahan und ist aus rotem Sandstein und weißem Marmor gebaut; sie wird von zwei Minaretten gesäumt.

Im Vordergrund seht ihr auf dem die ausgewanderten Tauben vom Markusplatz in Venedig. Besonders attraktiv ist auch die "Moschee-Mode" (siehe Bild unserer Reisegruppe).

Die Fahrt durch Alt-Delhi ist atemberaubend mit den engen Gassen und den Betrieb in den zumeist nur handtuchbreiten Geschäften. Die vielen Fahrrad- und Autorikschas beherrschen das Stadtbild trotz des hohen Autoverkehrs.

Am Rande der Altstadt besuchen wir die Verbrennungs- und Gedenkstätte von ''Mahatma Gandhi''. Seine Asche ist sowohl am Himalaja, wie auch im Ganges verstreut worden.

Anschließend durchfahren wir in Neu-Delhi u. a. das Regierungsviertel und sehen das Parlamentsgebäude von außen. Bei dieser Gelegenheit erzählt uns unser Reiseleiter, dass vermutlich heute ein neuer Artikel für die indische Verfassung beschlossen wird, der dazu dienen soll, die die Korruption im Lande zu bekämpfen. Hierzu hat es in den letzten Monaten häufig große und friedliche Demonstrationen gegeben. Man sieht, die größte Demokratie auf unserer Erde bewährt sich gut. Es sei noch erwähnt, dass Neu-Delhi erst 1911 gegründet worden ist, und somit dieses Jahr das 100-Jährige feiert. Alt-Delhi wurde 1193 von den ersten muslemischen Eroberern, die aus der Gegend des heutigen Afghanistan kamen, als Delhi-Sultanat gegründet. Nach mehreren Kriegen wurde die Stadt immer wieder neu aufgebaut und 1526 legte ''Babur'', ein Nachkomme des ersten Herrschers den Grundstein für eine fast 300-jährige Mogulherrschaft. 1958 wurde der letzte Mogulherrscher ''Bahudur II'' von den Engländern entmachtet.

Wir fahren weiter zum Mausoleum des zweiten Mogulkaisers ''Humayum''. Dieses Grabmal liegt in einer großen Gartenanlage und wurde 1556-1565 erbaut; sie ist sehr schön und gilt als Vorbild für das weltberühmte ''Taj Mahal''.

Als krönenden Abschluss der heutigen Besichtigungen besuchen wir das ''Qutb Minar'', ein 73 m hohes Minarett. Es wurde im 13. Jh. als unübersehbares Zeichen des islamitischen Sieges gebaut. Direkt daneben zeugen Reste von der ersten Moschee, die bereits 1193 errichtet wurde, von der Macht des Islams. Sie wurde aus dem Baumaterial der Hindi- und Jaintempel errichtet, wie die noch gut erhaltenen Säulengänge mit den plastischen Steinfiguren bezeugen. Wir haben heute noch einiges über die Geschichte Indiens, die sozialen Verhältnisse, sowie etwas über Fauna und Flora gehört, dazu später mehr.

Auf dem Bild seht ihr ein typisches indisches Arbeitsgerät. Man beachte bitte, dass es auch ohne Sattel und Pedalen funktionsfähig ist. Hier ist noch viel Spielraum für deutsche Ingenieure.

Wir schließen den Tag ab, mit einer ca. fünfstündigen Fahrt nach Agra. Wir fahren auf die etwas andere Autobahn, als wir sie in Europa kennen. Es gibt hier Verkehrsteilnehmer aller Art, wie Fußgänger, Radfahrer, Rikschas, Fuhrwerke mit Ochsen, Eseln, und Kamelen als Zugtiere und natürlich auch Kraftfahrzeuge aller Art. Indien hat von den Engländern den Linksverkehr übernommen, aber das heißt hier gar nichts. Die meisten Fahrzeuge fahren rechts (egal wie schnell sie sind); demnach wird meistens links überholt, so wie auf dem europäischen Festland; ergo haben die Inder das Lenkrad auf der falschen Seite oder? Sehr viele Lastfahrzeuge haben auf der Rückseite in großen Lettern stehen BLOW HORN oder HORN PLEASE, was wieder mal zum Ausdruck bringt, das das wichtigste Utensil am Auto die Hupe ist.

Während unserer Fahrt werden wir zwischendurch verwöhnt mit einem indischen Rum, der uns gut gemundet hat. Wir haben diese Gelegenheit genutzt, uns bei unserem Reiseleiter für die bisherigen Freundlichkeiten zu bedanken. Am Ende der Tagesreise stellte uns Vivek die ethnische Vielfalt des Teams vor. Er selbst ist Hindu-Brahmane, unser Busfahrer Ali ist Moslem und der Beifahrer Surander ist Hindu-Rasput (auf die Kastenunterschiede gehe ich später ein). Die Reisegruppe hat sich sehr gut zusammengefunden und wir sind zur Duzfreundschaft übergegangen. Nach einem opulenten Abendbuffet gehen wir heute etwas früher zu Bett.

3. Tag:

Agra

Der Taj Mahal ist das Wahrzeichen von Indien. Jeder kennt es und jeder will es sehen, der nach Indien reist. Ich habe es nun also auch gesehen und möchte hier die wichtigsten Fakten und Tipps zum Besuch wiedergeben.

Der Taj Mahal steht als einzigartiges Symbol der Liebe. Denn es wurde natürlich aus Liebe gebaut vom Maharaja Shah Jahan, als Andenken an seine Hauptfrau, die bei der Geburt des 14. Kindes gestorben ist. Die Bauarbeiten starteten noch im gleichen Jahr 1631 und wurden 1653 beendet. Insgesamt 20.000 Personen arbeiteten daran. Nur einige Jahre nach der Fertigstellung wurde Shah Jahan von seinem eigenen Sohn vom Thron gestürzt und war bis zu seinem Tod 1666 im Agra Fort inhaftiert. Von dort konnte er also nur aus der Ferne den Überresten seiner geliebten Frau und somit den Taj Mahal erblicken. Nach seinem Tod wurde er neben seine Frau gebettet.

1983 wurde der Taj Mahal zum Weltkulturerbe ernannt. Im Laufe der Jahre litt der weiße Marmor erheblich unter der Luftverschmutzung, dem sauren Regen und letztendlich unter Vandalismus. Seit 1994 dürfen nur noch Fahrzeuge, die die Luft nicht mehr verschmutzen, näher als 500 m an das Gebäude heran.

Das Taj Mahal in Agra steht auf einer 100 m mal 100 m großen Marmorplatte. Es ist ein 58 m hohes und 56 m breites Gebäude, welches von einem 18 Hektar großen Garten umsäumt wird. Ein längliches Wasserbecken ist der Mittelpunkt dieses Gartens. Um das Hauptgebäude herum sind vier Minaretten errichtet. Diese sind leicht geneigt, damit sie im Falle eines Erdbebens vom Hauptgebäude weg stürzen. Clever, was?

Das Gebäude besteht aus 28 verschiedenen Arten von Edelsteinen und Halbedelsteinen, die in den Marmor eingefügt wurden.

Nach dieser atemberaubenden Besichtigung fahren wir zu dem nahegelegen Fort, das heute noch zu 2/3 militärisch genutzt wird und von Kaiser Akbar erbaut und von Shajahan wurde es zu einer der größten Residenzen der Welt ausgebaut. Die gesamte Fläche der Festung beträgt ca. 3.7 km² und ist aus rotem Sandstein errichtet. Der Palastbereich dagegen aus weißem Marmor und ist frei zugänglich. Die Arbeiten, sowohl im Festungs-, wie auch im Palastbereich sind mit feinsten gemeißelten Reliefs versehen. Tragisch ist, wie oben erwähnt, die fünfjährige Gefangenschaft von Shahjahan, die sein dritter Sohn veranlasst hatte, nachdem er seinen ältesten Bruder aus dem Weg geräumt und gegen seinen Vater rebellieret hat.

Ein kleines Essen in einem sehr schönen Gartenrestaurant rundete den heutigen Vormittag ab. Danach haben wir noch eine Intarsienschleiferei besucht und diese äußerst feinsten Arbeiten, die wir bereits an den bisherigen Palästen bewundern konnten, in der praktischen Herstellung gesehen. Respekt vor so viel handwerklichem Können! Vor der Abfahrt werden wir noch auf etwas Musik und Kindertanz aufmerksam. Eine kleine Entlohnung lassen Papa und Kind strahlen.

Gegen 16:00 Uhr sind wir wieder am Hotel und haben etwas Zeit; aber um 17:45 Uhr fahren wir bereits wieder zu einer indischen Theaterveranstaltung. Es wird uns die Geschichte des Schah Jahan als Show, als hervorragende Tanz-, Theater- und in Bollywoodmanier dargeboten, sehr gelungen. Auf der Rückfahrt ins Hotel "Clarks Shiraz" hat uns Vivek auf das morgige Programm eingestimmt. Wir sind schon wieder sehr gespannt. Das anschließende Abendbuffet war wieder hervorragend.

Über das Wetter habe ich ja noch gar nichts berichtet. Also, alle Tage sehr schön, morgens ziemlich diesig, gegen Mittag immer um die 20 °C und mehr. Abends geht die Temperatur auf ca. 10 °C zurück. Das ideale Wetter; wir wünschen uns, dass es so bleibt.

Unser Hotel meint es ist Winter und möchte uns mit dieser Dekoration einstimmen (siehe Foto).

4. Tag:

Fatepur Sikri

Wieder Weckruf um 6:30 Uhr und Abfahrt um 8:00 Uhr nach Fatepur Sikri. Nach ca. 40 km erreichen wir die von Mogul Akbar im 16. Jh. erbaute Stadt. Sie war zu damaliger Zeit eine der bevölkerungsreichsten Städte (ca. 700.000 Einwohner) der Welt. Nach ein paar Jahrzehnten der Blüte wurde sie wieder verlassen, weil für so viele Menschen nicht genug Wasser da war. Akbar, der nicht lesen und schreiben konnte, war sehr schlau, hat fast alles richtig gemacht, aber die Standortwahl für seine Hauptstadt war in diesem Fall falsch. Trotzdem bietet diese verlassene Stadt mit den großzügig angelegten Bauten (heute Weltkulturerbe) sehr viel. Alle Gebäude sind aus rotem Sandstein gebaut.

Herausragend ist die Audienzhalle, das Panch Mahal. Es hat in der Mitte eine wunderbar gearbeitete Säule. Ebenso schön sind das Haus des wichtigsten Ministers (Birbal), das große Areal des Harems und die Bücherei und das Schlafgemach des Moguls Akbar. Selbst der erste Astrologe hatte einen eigenen Platz - unter diesem Baldachin (siehe Foto).

Die feinen Steinmetzarbeiten sind bewundernswert. Wie wir beobachten konnten, werden noch heute die Restaurationen für diese Arbeiten nach alter Tradition per Hand ausgeführt. Übrigens, der Minister Birbal hat seinen Mogul immer wieder durch seine schlauen Antworten beeindruckt; z. B. bei der Frage, wie groß ist der Unterschied zwischen Wahrheit und Lüge? Die beeindruckende Antwort war: ca. 10 cm! Die Erklärung ist ganz einfach: Was man mit den Augen sehen kann ist wahr! Was man hört kann wahr oder Lüge sein und dazwischen liegen ca. 10 cm.

Nach ca. zwei Stunden reisen wir weiter und erreichen in Bharatpur das schöne Landhotel Udai Vilas Palace.

Gegen 15:00 Uhr treffen wir uns zu einem Ausflug per Landrover über straßenähnliche Feldwege in die Nähe des Dorfes Badrenna. Die restlichen paar hundert Meter gehen wir zu Fuß durch die Feldmark. Bereits bei der Anreise konnten wir die fruchtbaren Felder beobachten. Hauptsächlich steht z. Zt. auf den Feldern Senf und Weizen; aber an einigen Stellen war auch Reisanbau zu sehen. Auffällig sind die vielen wilden Pfauen, die sich frei in der Feldmark bewegen. Es ist ein ca. 1.000 Seelen Dorf und für unsere Verhältnisse sehr unscheinbar.

Wir werden von dem Bürgermeister des Dorfes, der natürlich auch gleichzeitig Bauer ist, freundlich begrüßt. Er ist bereits 87 Jahre alt und, wie auf dem Dorf üblich, unscheinbar - oder sollte ich sagen ärmlich - gekleidet. Wie wir von Vivek hören ist er aber nicht arm, wie die meisten Landbewohner, denn sie haben zumeist gute Einkünfte z. B. aus dem Verkauf der Ernten, der Milch der Kühe und den sehr begehrten Kuhfladen.

Es werden Tee und Kekse gereicht und wir sehen ein Teil der Arbeit auf dem kleinen Hof, wie das Herantragen von Wasser, das zuschneiden von Grünfutter usw. Alle Menschen in den Dörfern (und natürlich auch in den Städten) haben Zugang zu einem Arzt. Die Kinder gehen in eine staatlichen Schule, die kostenlos ist und ein Mittagessen liefert. Natürlich ist es auch möglich, seine Kinder auf eine private Schule zu schicken.

Ich möchte die Verhältnisse in diesem Dorf etwa so ansehen, wie es bei uns in Deutschland vor etwa hundert Jahren war. Die Verhältnisse werden sich hier aber in rasantem Tempo ändern, denn, wie wir sehen konnten, werden viele Arbeiten auch schon von Maschinen übernommen, z. B. Trecker statt Ochsenkarren. Mit neuen Informationen und Eindrücken verlassen wir das Dorf. Nach unserem Abendessen wird uns im Atrium noch indische Musik und ein kleines Puppentheater geboten. Aber nach 21:00 Uhr wird es doch sehr frisch, so dass wir uns in unsere Zimmer zurück ziehen. Wieder geht ein schöner und interessanter Tag zu Ende.

5. Tag:

Jaipur

Heute haben wir eine Tagesreise von 190 km vor uns. Unterwegs treffen wir diesen schönen Vogel; er heißt Mayna (siehe Foto).

Während der Fahrt erfahren wir viel Neues über indisches Familienleben. Auch wenn die indische Gesellschaft im Umbruch ist, bestehen doch immer noch große Familienbande und nicht nur auf dem Land, sondern auch bei der Stadtbevölkerung. So leben zumeist drei Familiengenerationen zusammen und bilden auch eine gemeinsame Kasse:

  • Für die Notfälle und laufende Kosten, z. B. Geld für Privatschulen, oder
  • um Geld zum Investieren zu haben, damit der Wohlstand der Familie und insbesondere der nachfolgenden Generationen gemehrt wird.

Heute gehören schon etwa 60% der Bevölkerung der Mittelschicht an, die sich aufgrund der Ein-kommen nochmals in drei Gruppen aufteilt. Wie überall auf der Welt spielt natürlich der Status eine große Rolle und so muss man natürlich auch das haben, was der Nachbar, Kollege usw. hat. Die Rangordnung in einer Familie ist sehr wichtig und wird respektiert. So ist der älteste Mann als Oberhaupt anzusehen. Das älteste weibliche Mitglied der Familie herrscht über das Haus, insbesondere die Küche und meistens auch heimlich über den Mann; oder? Die Küche wird fast als heilige Stätte betrachtet, denn alle Zutaten werden fast rituell behandelt. So werden die einzelnen Elemente des Ayurveda, Vata = Luftelement, Pita = Feuerelement, Kafa = Wasserelement, beim Kochen sorgsam gegeneinander abgewogen. Besondere Beachtung findet dabei das Basilikum.

In vielen Familien ist die Religion hoch geachtet, wird aber auf keinen Fall zum Zwang gemacht. Es gibt häufig eine kleine Betecke und der ''Lalla'' ist eine kleine Gottfigur, die besonders ehrfürchtig behandelt wird. Sie wird täglich gewaschen, angezogen und angebetet, um das Ungemach des täglichen Lebens fernzuhalten. Auch häufige Meditation ist üblich.

Unsere Fahrt auf der Schnellstraße geht zügig voran und wir sehen nebenher viele Betriebe. Besonders häufig gibt es Steinmetze, die große Figuren aller Art aus Sandstein oder Marmor herstellen. Nach unserer Ankunft in Jaipur erleben wir etwas ganz Besonderes: unser Reiseleiter Vivek lädt uns zu sich nach Hause ein. Dies betrachten wir als eine ganz besondere Ehre. Wir lernen die gesamte Familie (drei Generationen) und einige Verwandte kennen. Wir unterhalten uns, sehen das Haus und unsere Linda darf sogar das Hochzeitskleid von Frau Vastista anziehen und vorführen. Danke, lieber Vivek, das wir diesen schönen Besuch machen durften.

Nun fahren wir in das Fünf Sterne Hotel Mansingh und haben bis 16:00 Uhr Zeit. Unsere nächste Attraktion ist eine Fahrrad-Rikscha-Fahrt durch die Altstadt der 4.5 Millionen Metropole des Bundesstaates Rajasthan. Außer, dass das Verkehrsgewühl unbeschreiblich ist (Verkehrsordnung gibt es nicht), hat der gewonnen, der die Nase, wenn auch nur hauchdünn, vorne hat, egal ob Rikscha oder LKW, und so geht das Meter für Meter vorwärts. Zwischendurch sind ein paar Kühe auf der Straße, aber das kennt ja ein Jeder; nur laufende Schweine mit Ferkeln in diesem Gewühl hätte ich nicht erwartet. Nach der Rikscha-Fahrt besuchen wir eine Diamantschleiferei. Gekauft wird auch. Wie sagt der Türke? Ein bisschen geht immer!

Danach erleben wir noch etwas Hochinteressantes. Wir besuchen einen Hindu-Tempel während der 19:00 Uhr Andacht. Im Tempel (ohne Schuhe) bewegen sich alle Menschen (einige Hundert) nach Belieben durcheinander. Ströme gehen um den umbauten Altar herum, um dem Gott nahe zu kommen. Andere stehen einzeln oder in Gruppen und singen immer den gleichen Text (ca. 30 Minuten); wieder andere knien oder legen sich lang hin zum Beten. Alles sieht sehr leger aus. Es entbehrt aber nicht einer inneren Andacht des Einzelnen.

Nach dem Tempelbesuch fahren wir wieder in unser Hotel und freuen uns auf das Heilig-Abend-Essen. Wir werden nicht enttäuscht. So ein großes und ausgefallenes Buffet wird einem sehr selten kredenzt. Das Essen wird durch weihnachtliche und heiße Musik untermalt. Selbst der Weihnachtsmann tritt zwischendurch auf. Ein sehr gelungener Abend. Wir fallen zufrieden ins Bett.

6. Tag:

Jaipur

Die Lobby des Hotels ist auch weihnachtlich geschmückt. Heute Morgen gab es aus Versehen keinen Weckruf und prompt haben einige verschlafen; aber unserem Freund Jürgen ist das aufgefallen und er hat einen Weckruf gestartet. Nach dem gestrigen opulenten Abendessen nehmen viele nur ein abgespecktes Frühstück ein.

Uns erwartet heute wieder, wie alle Tage, ein interessantes Programm. Ali fährt uns mit dem bequemen Reisebus zuerst durch die Altstadt, mit den schönen rosa Häusern. Wir können das alles gut sehen, denn der Verkehr ist in dieser frühen Stunde noch gering. Diese schöne Stadt hat im 18. Jh. der Maharaja Sawai Jai Singh II aufgebaut, und seine, im nahen Amber gelegene Hauptstadt aufgegeben. Übrigens: Sawai bedeutet 25% mehr Intelligenz als normal. Der Titel wurde nur vom Shah verliehen. Dieser Maharaja hat bereits in frühester Jugend durch sein Wirken und Wissen (z. B. im astronomischen Bereich) seine übermäßige Intelligenz bewiesen.

Unser Ziel ist aber gerade dieses Amber. Zu der malerisch gelegenen Burg geht es zum Schluss per Jeep oder Elefant hoch. Wir nutzen die Elefanten; eine schauklige Angelegenheit, aber gemütlich. Oberhalb dieses Palastes liegt das Fort und der Teil, der nicht zugänglich ist, weil noch heute vom Maharaja bewohnt. Vivek erklärt uns im weitläufigen Palast die einzelnen Bereiche und wir sind erstaunt, dass auch ein Hindu-Maharaja einen Harem hat.

Besonders auffällig ist der Spiegelpalast, in den in die Stuckwände innen, wie außen, hunderttausende Spiegelchen eingelassen sind. Auf dem Foto seht ihr eine Detailansicht.

Wieder in Jaipur zurück, besuchen wir eine Cooperative. Hier zeigt man uns das Bedrucken von Stoffen mit Naturfarben und das Knüpfen von Teppichen. Einen Elefanten durften wir selber drucken. Gisela hat das für uns erledigt. Ist er nicht hübsch geworden? In den anschließenden Verkaufsräumen werden wir gut bewirtet und hier und da auch ein kleines Geschäftchen abgeschlossen.

Der Stadtpalast des Maharaja, den wir anschließend besuchen, ist üppig ausgestattet. Besonders auffällig ist, dass der frühere ägyptische Präsident Mubarak hier noch einen Palast hat. Entschuldigung, kleiner Spaß am Rande. Mubarak-Mahal heißt: Willkommens-Palast.

Neben dem Stadtpalast gibt es ein Observatorium, das der o. a. Maharja errichten ließ. Als Mathematiker und Astronom ließ er u. a. mehrere unterschiedliche Sonnenuhren errichten, die auch heute noch, wie wir sehen konnten, die Zeiten auf zwei Sekunden genau angeben. Er hat also den Titel Sawai bereits als 17-Jähriger zu Recht erhalten. Respekt Hoheit!

Ein paar Meter weiter in der Altstadt steht der Hawa Mahal, der Palast der Winde. Eine aufwendige fünfstöckige Fassadenkonstruktion, vom Ende des 18 Jh. Hinter den luftigen Erkern und Gitterfenstern liegen nur Emporen. Sie dienten dazu, den zahlreichen Hofdamen einen ungehinderten Blick auf das geschäftliche Treiben auf der Straße zu geben ohne selbst gesehen zu werden. Na, wie finde ich das denn?

Genug für heute. Es war ein sonniger Tag, bei 22.3 °C am Mittag. Wir freuen uns auf das gemeinsame Abendessen. Übrigens, unser Reiseleiter hat uns soeben noch ein Weihnachtsgeschenk gemacht. Weckruf erst um 7:00 Uhr, statt um 6:30 Uhr. Ist er nicht großzügig?

7. Tag:

Nimaj

Wir nehmen heute eine Strecke von ca. 220 km in Angriff. Vivek erzählt uns während der Fahrt etwas über das Kastenwesen. Es ist einerseits ziemlich kompliziert, weil vielschichtig, andererseits aber auch einfach, weil vor der indischen Verfassung alle Menschen gleich sind. Aber hier ist die Verfassung auch zwiespältig, denn sie fördert durch Quoten die aktenmäßig Benachteiligten, wodurch inzwischen die früher prädestinierten Kasten in Nachteil gekommen sind. Aber Verfassung und tatsächliches Leben klaffen halt weit auseinander. Trotzdem hat sich auch in den letzten Jahren vieles geändert. So spielt im täglichen Lebensablauf die Kaste eine immer geringere Rolle. Kinder aller Kasten gehen in gemeinsame Schulen (staatlich kostenlos oder privat gegen Entgelt). Im Beruf arbeiten die Menschen verschiedener Kasten zusammen. Im persönlichen Leben der Familien spielen Kasten aber auch heute noch eine große Rolle. So ist es z. B. sehr schwer, kastenübergreifend zu heiraten.

Es gibt grundsätzlich fünf Kasten, die sich durch Rangfolge, insbesondere durch die Berufe und die Eigenheiten der verschiedenen Hindu-Religionen, von oben nach unten unterscheiden. Die oberste Kaste ist die der Brahmanen. Auf weitere Einzelheiten kann ich hier nicht eingehen, das würde buchfüllend. Der Turban ist ebenso ein besonderes Kapitel. Es gibt sie sehr vielfältig nach Stämmen, Religion und Sitten erkennbar. Sie werden aber immer weniger im Alltag getragen. Der älteste der Stammfamilie trägt immer einen weißen Turban.

Unsere Überlandfahrt endet nach ca. 5 Stunden in Nimaj. Unser Hotel ist nicht mit unserem Bus zu erreichen. Also gehen wir zu Fuß die ca. 900 m lange und schmale Gasse an den vielen Lädchen vorbei und erreichen den Nimaj-Palace, einen alten Landsitz, der zum Hotel umgebaut worden ist. Wir fühlen uns gleich wohl. Viel Zeit bleibt uns nicht, denn um 15:30 Uhr starten wir zu einer Jeep-Safari ins wüstenähnliche Buschland.

Unser 1. Stopp ist ein alter Hindu-Tempel aus dem 9. Jh. Er war ursprünglich ca. 40 m hoch. In der Ruine ist immer noch Leben. Es gibt einen Altar mit Gottpuppe, den die Gläubigen umrunden und anbeten, wie wir beobachten konnten.

Unser 2. Stopp war ein typisches Dorf dieser Gegend. Wir erleben hautnah und wirklich authentisch, wie die Menschen hier leben. Sie wussten natürlich, dass wir kommen; man sah auch, dass der Hof frisch gefegt war, aber ansonsten bewegte sich im Dorf alles natürlich. Wir konnten uns überall umsehen und die Menschen hatten auch keine Scheu uns ihre kleinen Häuschen zu zeigen. Ich sah hinten im Dorf eine Männerrunde auf der Erde sitzend spielen, die ich zufällig entdeckt hatte. Das Spiel erinnert mich etwas an unser ''Mensch ärgere Dich nicht''.

Auf einem Hof sahen wir einen alten Mann, wie er nach alter Tradition töpferte. Beeindruckend, mit welcher Fingerfertigkeit und Geschwindigkeit er seine Waren herstellte.

Auf einem anderen Hof haben wir uns die Räumlichkeiten angesehen und der Bauer und Vivek demonstrierten uns, wie man früher im Schnellverfahren Opium herstellte und damit seine Gäste begrüßte.

Es ging auf den Abend zu und wir sahen viele Frauen und Mädchen zum Brunnen gehen und Wasser holen. Die älteren Frauen trugen alle sehr viel Schmuck, hauptsächlich Gold. Dies zeigt wieder einmal, dass hier keine unbedingte Armut herrscht. Die Dorfbevölkerung hat durch die Landwirtschaft, Tierprodukte und Handwerk (siehe Töpfer) ihr Auskommen.

Bevor wir unseren 3. Stopp erreichen, sehen wir im Buschland eine Art Antilopen; sie heißen auf Englisch ''Blue Gau''. Es sind ein starker Bulle und mehrere weibliche Tiere zu sehen. Wir pirschen uns etwas an und fotografieren, aber die Fluchtdistanz ist doch ziemlich hoch. Trotzdem, Glück gehabt!

Beim 3. Stopp erklimmen wir einen kleinen Hügel, uns werden zu Trinken und Kekse gereicht und so warten wir auf den Sonnenuntergang. Aber unser Stern versteckt sich zum Schluss im Dunst, so dass es kein Sonnenglühen gibt.

Nach der Rückkehr zum Hotel hat unser Reiseleiter Vivek natürlich noch eine Überraschung für uns bereit. Vor dem Abendessen gibt es noch eine folkloristische Darbietung mit Musik und Tanz, die zum Abschluss mit einem Feuerwerk gekrönt wird. Herzlichen Dank dafür! Nach dem Abendessen wird noch geklönt und dann geht es ''ab nach Bett''. Tschüss bis Morgen.

8. Tag:

Jodhpur

Heute hätte sich Vivek den Weckruf sparen können. Um Punkt 6:00 Uhr rief der Muezzin die Moslems zum Gebet. Das war laut genug! In dieser Gegend leben ca. 10% Moslems friedlich mit den Hindus zusammen.

Unsere heutige Tagestour ist ca. 110 km lang. Vivek erzählt uns etwas über die Heiratsgewohnheiten in Indien. Es gibt keine Zwangsverheiratung, wie das woanders noch üblich ist. Aber fast alle Ehen werden arrangiert, zumeist von den Eltern und Großeltern. Dabei ist auf jeden Fall zu beachten, dass die Braut weder aus der großen Sippe der Eltern noch der Großeltern kommt. Im Fall von Vivek wurde er eines Tages mit drei Bildern konfrontiert und schon etwas gedrängelt, sich für eine zu interessieren. Nach langem Schauen tippte er auf eines der Bilder. Nun wurde zuerst zwischen den Familien ein Treffen verabredet und so lernten sie sich kennen. Bei diesem ersten Treffen ließ man sie später höflich allein sitzen, damit sie sich beschnuppern konnten. Die junge Dame bat letztlich um eine Woche Bedenkzeit, die dann mit einem ''Ja'' beantwortet wurde. Ein Nein hätte zu keinerlei Konsequenzen geführt. Nun wurde ein Guru (Astrologe) bestellt. Von 22 möglichen Eigenschaften des Horoskops müssen mindestens 5 übereinstimmen. In diesem Fall waren es 18, also alles im grünen Bereich. Dieser Guru legte nun auch den Hochzeitstermin fest und die Vorbereitungen begannen. Üblicherweise wird eine indische Hochzeit im großen Kreis von Familie, Verwandten, Freunden, Nachbarn usw. begangen, so dass meistens mehrere hundert Personen teilnehmen. In diesem Fall waren es etwa eintausend. Die Hochzeit wird über vier Tage gefeiert und gliedert sich in verschiedene Abschnitte, die ich jetzt nicht alle aufzeigen kann, weil sowohl familiäre, wie religiöse Dinge beachtet werden müssen. Natürlich können sich die meisten Brautleute so eine teure Hochzeit, die ca. 20-30.000 € kostet, nicht leisten. Es greift also auch hier die vor einigen Tagen beschriebene Familienkasse, in diesem Falle greift sie für beide Familien.

Nach unserer Ankunft in Jodhpur fahren wir zur Festung Mehrangarh, die auf einem 125 m hohen Hügel thront und niemals im Krieg eingenommen wurde. Zu Füßen der Festung liegt die Altstadt mit den schönen blauen Häusern. In der Festung aus dem 16. Jh. ist heute ein Museum untergebracht. Besonders auffällig sind wieder die filigranen Steinmetzarbeiten an dem riesigen Areal. Besonders aufgefallen sind die Säle mit den Elefantensitzen, den Kleidungsstücken, den Waffen und anderen Utensilien, sowie die große Ausstellung der Miniaturmalereien. Nach fast drei Stunden interessanter Besichtigung hören wir zum Abschluss in einem separaten Saal eine sehr zarte, wunderschön anzuhörende Mittagsserenade. Bevor wir die Festung verlassen, gönnen wir uns noch ein typisch indisches Thalli (Tellergericht) für den kleinen Hunger zwischendurch.

Nach dem Check-in im Hotel Palast bleibt uns etwas Zeit zum Ausruhen. Um 17:00 Uhr treffen wir uns wieder und fahren mit den Tuk-Tuks in die Altstadt der 1.5 Millionen Stadt, die am Rande der Wüste und nur 70 km von der pakistanischen Grenze entfernt liegt und bummeln durch den Basar, der leider, was die Sauberkeit angeht, die Note sechs minus erhält. Unser Vivek hat natürlich wieder eine Überraschung parat, wen wundert's noch, und lädt uns in einen Großhandel ein. Uns werden feinste handgearbeitete Textilien vorgeführt und erklärt. Keine Kaufverpflichtung, aber man kann zu Großhandelspreisen kaufen. Nach dem Abendessen noch ein kleines Schwätzchen, dann ruft das Bett.

9. Tag:

Ranakpur

Auf unserer heutigen Tagestour ca. 180 Kilometer erfahren wir etwas über die Bestattungsrituale in Indien. Der Gott Backwan ist für die Toten zuständig. Sie werden niemals nach Sonnenuntergang bestattet. Bestattungsunternehmen sind in Indien nicht geläufig.

  • Nach dem Ableben eines Menschen wird dieser in einem Raum des Hauses niedergelegt, gewaschen, mit Kräutern eingerieben und angekleidet.
  • Danach auf einer Trage aus Bambus aufgebahrt.
  • Der Tote empfängt Besuch, die Opfergaben darbringen.
  • Beim Überführen wird die Bahre von vier Männern getragen. Die Träger wechseln sich ab, da jeder diese Ehre haben möchte.
  • An der Feuerstelle, deren es mehrere in jedem Stadtviertel gibt, wird der Leichnam unter bestimmten Ritualen verbrannt.
  • Nach drei Tagen wird die Verbrennungsstätte wieder besucht, dreimal umrundet und die Überreste, wie kleine Knochen und Zähne, eingesammelt. Diese werden nach Hause gebracht, mit Milch gereinigt und danach in einen kleinen Beutel getan.
  • Später wird dieser Beutel zum heiligen Fluss Ganges gebracht und dort eingelassen. Während der Fahrt dorthin, egal ob z. B. mit Auto oder Zug, hat der Entschlafene einen eigenen Platz.

War der Verstorbene das Oberhaupt der Familie, so geht diese Verantwortung nun auf den ältesten Sohn über und er trägt den weißen Turban.

Auf unserer Fahrt machen wir einen 1. Stopp an einem kleinen Tempel, der neben der Straße aufgebaut ist. Hier ist ein Motorradfahrer verunglückt. Welche Umstände nun dazu geführt haben, dass er ein Heiliger geworden ist und angebetet wird, hat sich mir nicht erschlossen. Das verunglückte Motorrad steht neben dem Tempel und wird, wie das hier bei heiligen Stücken üblich ist, berührt, um eine Nähe zu dem Heiligen zu haben.

Einen 2. Stopp machen wir an einer Ölmühle neben der Straße. Hier wird gerade Sesam ausgepresst. Die Melasse schmeckt lecker. Der Ochse, der den ganzen Tag die Runde dreht, hat die Augen verbunden bekommen, damit er keinen Drehwurm kriegt.

Einen 3. Stopp machen wir in einem kleinen Ort, wo gerade reges Markttreiben herrscht. Wir bummeln etwas herum, fotografieren und wundern uns wieder einmal über die große Unsauberkeit auf und neben der Straße. Ein junger Mann lag etwas abseits der Straße mitten im Unrat auf dem Bauch und schlief. Eines der vielen Schweine, die hier frei herumlaufen, kam in seine Nähe berührte ihn am Kopf und beide erschraken. Das Schwein suchte weiter nach Fressbarem und der Mann legte seinen Kopf auch wieder in den Dreck.

Kurz vor unserem Ziel Ranakpur beginnt der Nationalpark Kumbhal Ceich. Hier gibt es Bären zwei Sorten Affen und natürlich Antilopen usw.. Hier steht einer der schönsten und zugleich der bedeutendste Jain Tempel von Indien. Er ist komplett aus weißem Marmor, mit feinsten Motiven und Figuren. Dieser Haupttempel heißt Chaumukkha Mandir und wurde im Jahr 1439 begonnen und 80 Jahre lang erbaut. Er hat vier Eingänge deren Figuren zu Füßen willkommen heißen und die Angst nehmen sollen. Der Tempel weist 1.444 Säulen auf, wovon jede unterschiedlich gestaltet ist, aber immer die gleiche religiöse Grundidee aufweist. Es beginnt unten mit der Unterwelt, darüber die Erde, danach die Luft, danach die Halbgötter. Die Seele kann nach der Hindureligion aufgrund der Wiedergeburt in jeder dieser Ebenen auftauchen. Bei der Wiedergeburt gibt es keine Rangfolge, je nach Karma kann man weiter oben oder weiter unten wieder geboren werden, das passiert so lange, bis man die endgültige Erlösung erlangt hat.

Vivek lässt aus Safran und Kampfer eine Paste herstellen und gibt uns damit eine Tika auf die Stirn. Im Tempel kann man sich frei bewegen und auch fotografieren, aber eine religiöse Stimmung kommt hier nicht auf. Zum Beten in den inneren Altarbereich dürfen allerdings nur Hindus hinein.

10. Tag:

Ranakpur - Udaipur

Laut Reiseplan haben wir heute nur die Fahrt nach Udaipur im Programm. Aber wir kennen Vivek ja inzwischen. Bevor wir losfahren macht er mit uns einen etwas längeren Spaziergang in die Natur. Als erstes begegnen uns die Affen (Languren), die aber eine natürliche Fluchtdistanz haben; trotzdem, fotografieren geht.

Wir kommen dann an einem kleinen Dorf vorbei und sehen uns mal wieder um. Nach unseren Maßstäben gemessen sieht alles sehr ärmlich aus, aber das Haus von Familie Tulsi hat, wie alle Häuser hier, Stromanschluss und auf dem Hof sind Tiere zu sehen, etwas Land gehört auch dazu und Herr Tulsi hat eine Arbeit in unserem Übernachtungshotel. Wenn man also nur das Haus betrachtet und die anderen Einzelheiten nicht kennt, bekommt man natürlich einen falschen Eindruck.

Wir wandern weiter und kommen an eine Staumauer. In diesem Stausee gibt es Krokodile, die sich gerne in die Sonne legen. Wir haben heute Morgen kein Glück, welche zu sehen; schade. Dafür gelingt es, einen Blue Jay (Eisvogel Art) und eine Kobra zu fotografieren. Rebhühner haben wir rufen gehört, aber nicht zu Gesicht bekommen. Der Mangobaum steht in voller Blüte und verspricht gute Ernte.

Nach der Rückkehr am Hotel nimmt Jürgen allen Staub von uns und stürzt sich mutig in den ca. 18 °C kalten Pool. Um 11:30 Uhr fahren wir gen Udaipur. Es geht durch die Berge mit z.T. extrem schmaler Straße und relativ viel Verkehr. Aber unser Fahrer Ali hat uns bisher mit Mut und stoischer Ruhe gut chauffiert und tut das auch heute wieder.

In diesem Reservat leben u. a. Leoparden, Bären, natürlich die Languren und weiteres Wild. Bei der Gelegenheit erfahren wir, dass es in Indien mehrere Reservate gibt, in denen Tiger leben. Sie stehen unter strengem Schutz und die Population erhöht sich langsam.

Bei unserem 1. Stopp haben wir einen sehr schönen Blick in die Berglandschaft und Vivek will uns einen Schnapsbaum zeigen. Ha, ha. Er kommt stattdessen mit Rum, Cola und Chips hinter der Ecke hervor. Auch gut, wir lassen es uns gut gehen.

Am 2. Stopp sehen wir eine Wasserförderanlage, die umweltneutral arbeitet und das sicherlich schon seit Jahrhunderten; nur die Tiere müssen mal erneuert werden.

Der 3. Stopp dient der Harmonie. Wir dürfen zur Toilette gehen.

Mitten in einem Bergdorf ist der 4. Stopp und was bekommen wir zu sehen? Kaum zu glauben, in mehreren Bäumen hängen große Trauben Fledermäuse (Flughunde). Die Kinder, die uns umgeben, sind gut gekleidet und betteln nicht; anders als in den Touristenhochburgen.

Kurz vor Udaipur sind links und rechts der Straße kilometerweit Betrieb an Betrieb, die alle Marmor und Granit verarbeiten. Um 15:00 Uhr erreichen wir unser Hotel Paras Mahal. Heute gibt es kein Programm mehr. Ein riesiger Pool lädt zum schwimmen ein und später das Buffet zum Abendessen.

11. Tag:

Udaipur

Heute Morgen beginnen wir unsere Besichtigung im Stadtpalast. Es ist der größte Palastbau in Rajastahan. Vivek hat es erreicht, dass wir vor der eigentlichen Öffnungszeit bereits Einlass bekamen. Dies hat den Vorteil, dass man in den engen Gängen im Palast gut voran kommt. Der spätere Massenandrang sollte uns Recht geben. Das bedeutet aber auch, dass dieser Palast aus dem 17. Jh. etwas zu bieten hat.

Der Maharaja Udai Sing II gründete die Stadt, nachdem die alte Hauptstadt von dem Mogul Akbar erobert worden ist. Er lies zum Schutz seines Palastes Seen aufstauen und eine Stadtmauer errichten. Am Eingang des Palastes sieht man ein großes Holzornament, das unter anderem mit vielen Hakenkreuzen (seit über 7.000 Jahren hier bekannt) versehen ist. Dieses Ornament heißt Toren und wird bei der Begrüßung dreimal angestoßen, wie wir es bei der Hochzeitzeremonie schon kennengelernt haben.

In dem Stadtpalastgebäude geht es rauf und runter in ganz schmalen Gängen. Der Palast ist um einen Hügel herum gebaut worden. Auf seiner höchsten Stelle (ca. 30 m) ist ein Innenhof, auf dem große Bäume wachsen. Wir sehen ein großes Bild von dem Elefantengott Garnisha. Auch ein Bild von Gott Rama, eine Inkarnation von Gott Krishna ist hier zu sehen.

Die riesige Marmorwanne ist keine Badewanne, wie man vermuten könnte, sondern ein Sammelbecken für Silbermünzen. Das Becken wurde zu bestimmten Zeiten vom Maharaja gefüllt und den Armen zur Verfügung gestellt. Die noblen Herren werden doch wohl kein schlechtes Gewissen bekommen haben?

Es gibt eine große Anzahl von Sälen, die fast alle mit Bildern versehen sind. Es gibt tausende von Bildern, z. T. in feinster Miniaturarbeit, die die Lebenssituationen darstellen. In neuerer Zeit kamen Fotos hinzu.

Als prächtigster Bereich ist der Pfauenhof anzusehen. Hier fanden die Empfänge statt. Die Blätter dieses Bilva Baumes werden als Opfergaben dem Gott Shiva dargebracht, da er als Asket keine großen Opfer haben will.

Nach dem Stadtpalast gehen wir einigen hundert Meter weiter zu einem Tempel. Er ist dem Gott Vishna geweiht. Ihm gegenüber steht der Tempel des Gottes Rama, die Inkarnation von Gott Vishna.

Als Entspannung zu den vielen Informationen im Palast fahren wir anschließend in einen kleinen Park mit schönen alten Bäumen und verspielten Springbrunnen.

Zum Abschluss des heutigen Vormittags machen wir noch einen Bummel durch den Basar, essen typisch indisches Frittiergebäck, einmal gefüllt mit Linsen und einmal mit Kartoffel; beides recht scharf, aber genießbar. Auch etwas Gewürz und Tee wird noch eingekauft. Hier gibt es alles u. a. auch Getreide. Die meisten Getreidehändler gehören der Yen-Kaste an. Es ist die dritte Kaste, die der Kaufleute. Diese Getreidehändler verdienen sehr gut. Minimum Einkommen 15.000 €/Monat. Also alles Millionäre!

Auch diese Sichelverkäuferin (siehe Foto) ist nicht als arm zu bezeichnen. Sie ist an Füßen, Händen und Armen reich mit Schmuck behängt.

Gegen 14:00 Uhr sind wir im Hotel zurück und freuen uns auf die abendliche Seefahrt. Das Boot ist für 17:00 Uhr bestellt und bei herrlichem Wetter geht es auf den See. Wir machen auf der Insel einen Zwischenstopp und genießen den Sonnenuntergang. Zurück an Land besuchen wir ein Brahma Kunstmalstudio und sehen den Malern bei ihren feinen und feinsten Pinselstrichen zu. Natürlich animiert das auch einige von uns, so schöne Stücke zu erwerben. Hier erwerben wir kein Massenprodukt, sondern beste Malkunststücke. Es war wieder ein Tag mit vielen schönen Eindrücken.

12. Tag:

Pushkar

Wir beginnen unsere 270 km Tagesreise nach Pushkar um 8:00 Uhr und fahren nicht wie geplant direkt hin, sondern Vivek hat mal wieder etwas eingebaut; wäre ja sonst auch langweilig. Wir machen einen Zwischenstopp beim Nagda-Tempel aus dem 7. Jh. Dieser Tempel, bestehend aus einem Haupttempel und mehreren Seitentempeln, ist eine gut erhaltene Ruine, wenn auch, wie fast überall, die schönen Gesichter oder Köpfe von den damals eingefallenen Moslems zerstört wurden. Der Tempel weist sogar noch romanische Elemente auf. Die in den Mauern eingemeißelten Figurenreihen erzählen ganze Lebensgeschichten, die uns näher gebracht werden. Auch die Fleischeslust wird in allen erdenklichen Formen dargestellt. U. a. gibt es zwei Darstellungen von den Göttern Shiva und Vishnu, die als einzige der vielen Götter unsterblich sind. Vivek erklärt uns an den Darstellungen die Bedeutung der dargestellten Beigaben. Für diesen Bericht wird es zu umfangreich, das zu beschreiben. Ich verweise deshalb hier unter Wikipedia nachzulesen. Danke. Da wir heute zum Brahma-Tempel nach Pushkar fahren, sei so viel noch gesagt, dass der Gott Brahma, der einzige Gott mit Bart, durch eine Körperteilung von Gott Vishnu entstanden ist.

Wie fast überall in Indien im täglichen Leben, so ist auch hier das Hakenkreuz häufig zu finden. Dieses Symbol ist übrigens seit über 7.000 Jahren hier bekannt und auch die alten Römer und Germanen haben es schon als Runen benutzt. Schade, dass es durch das schreckliche 3. Reich in Deutschland so verunglimpft worden ist. In Indien findet man es überall wie folgt:

Die lange senkrechte und vertikale Linie stellen die Arme des Menschen dar.

Die vier Haken an diesen Enden geben die vier Kasten in Indien wieder.

Die vier Punkte in den Feldern bedeuten die vier Phasen des Lebens.

Die weitere Fahrt geht sehr abwechslungsreich durch Hügellandschaften, mit Bäumen, Büschen und kleineren Feldern. Überall sind kleinere und größere Ansiedlungen. In einem Ort gibt es einen kleinen Zwangsstopp. Ali meint, die Bremsen riechen. Die Schnellkontrolle durch einen Mechaniker gibt uns freie Fahrt, alles OK. Ein weiterer Stopp dient der Harmonie; ihr wisst schon! Bei der Gelegenheit lässt sich ein Jinglebuble-Vogel fotografieren. Später nochmals eine Pause an einer Raststätte mit kleinem Imbiss. Am späten Nachmittag erreichen wir Pushkar und unser Beifahrer zahlt erst mal die Maut. 5Rs pro Tourist. Inder brauchen keine Maut für die Einreise nach Pushkar zu zahlen.

 

Pushkhar wurde bekannt durch die Hippie-Generation der 1970er Jahre. Seitdem wird dieser Brahma-Tempel stark frequentiert. Es ist übrigens der einzige Brahma-Tempel in ganz Indien. Auch heute ist hier ein starker Andrang. Man muss bereits vor dem Treppenaufgang die Schuhe ausziehen. Es ist sowohl auf der Straße, wie auch im Tempelbereich sehr schmutzig, so dass es keine reine Freude ist, hier mit Socken rumzulaufen. Wir schauen in den Tempel und sehen Gott Brahma mit seinen vier Köpfen und auf der anderen Seite sein Begleittier, eine weiße Gans. Wie in allen Tempeln ist keine heilige Stimmung vorhanden, die wohnt nur in jedem Einzelnen.

Nach dem Tempelbesuch gehen wir zum See, wo auch mehrere Ghats (heilige Treppen) vorhanden sind. Wir nehmen an einem Gebet mit einem Priester teil und erhalten auch ein Tika. Alles völlig unkompliziert. Der anschließende Bummel durch den Basar gibt noch einmal Gelegenheit, ein paar Souvenirs zu kaufen.

Um 19:15 Uhr erreichen wir unser sehr schönes Heritage Hotel Pushkar Palace. Wir sind in der heiligen Stadt der Brahmanen. Die Brahmanen sind Vegetarier und entsprechend ist auch unser Buffet, das trotzdem sehr gut gemundet hat. Natürlich gibt es auch keinen Alkohol bei den Brahmanen. Aber wir haben ja Vivek.

Nach einer kurzen tänzerischen Folklore, vom Hotel veranstaltet, hat Vivek ein Feuerwerk entzündet und bei anschließender Runde mit Wunderkerzen haben wir Laterne, Laterne gesungen. Vivek hat noch eine Überraschung auf Lager. Er selbst, Brahmane, trinkt natürlich keinen Alkohol, aber er lädt uns zu sich aufs Zimmer ein und kredenzt den uns nun schon gut bekannten Monk-Rum. Es wird eine fröhliche Runde. Dann gute Nacht. Die meisten wollen in das neue Jahr hinein schlafen.

13. - 14. Tag:

Pushkar - Shekhawatri

Prosit Neujahr 2012,

das wünschen uns auch die Languren-Affen hier auf dem Bild. Wir genießen unser erstes Frühstück im neuen Jahr, natürlich wieder vegetarisch und um 8:00 Uhr geht es ab Richtung Shekhawati in den Ort Mandava.

Wie bereits am Vortag sind beiderseits der Straße viele Kilometer lang Marmorbetriebe. Später ändert sich die Landschaft etwas und wir fahren den ganzen Tag durch die Savanne. Auf leichtem Sandboden stehen verstreut Sträucher und Bäume, zum großen Teil sind es Kejri (Arkazienart), die, wie unsere Weiden, gestutzt werden. Die Blätter werden als Kamelfutter und die Äste zum Feuern verwendet.

Unterwegs erfahren wir etwas mehr über das indische Schulsystem. Der Aufbau ähnelt dem in Europa sehr. Grundschule(Primary) bis zur 5., Sekundärstufe bis zur 10. Klasse und Oberstufe (Senior) bis zur 12. Klasse. Beeindruckend ist, dass das Land allen Kindern die kostenlose Schule inklusive Schuluniform und Mittagessen bietet.

Danach erfahren wir noch etwas über das Kricketspiel. Hier ist Indien ganz vorn in der Weltspitze und unser Vivek war nach eigenem Bekunden auch viele Jahre ein sehr guter Spieler.

Gegen 16:00 Uhr erreichen wir Mandava und schauen uns die schön bemalten Häuser an. Wir besuchen drei Residenzen, die hier Havalis heißen. Es sind sehr schöne große Herrenhäuser, die allerdings dem Verfall preisgegeben sind, weil die früheren Besitzer entweder inzwischen verarmt sind oder sich als reiche Kaufleute woanders niedergelassen haben. Aber auch die jetzt noch Reichen tun nichts, um diese schönen Havalis zu erhalten. Eine Schande nennt man so was! In dieser Region gibt es etwa 200 Dörfer und ca. 2.000 solch sehr schön bemalter Häuser.

In diesem Dorf habe ich zum Abschluss doch noch Gelegenheit eine Verbrennungsstelle fotografisch festzuhalten. Sie liegen meistens abseits und sind deshalb für Touristen schwer zu erreichen.

Nochmal ein Wort zum Wetter: Zwei Wochen Sonnenschein und Temperaturen von ca. 20 - 27 °C um die Mittagszeit sollten uns sehr zufrieden stellen. Unser umfangreiches Programm für diese Reise ist abgearbeitet und wir haben viel gesehen und bewundert. Ein Land mit langer komplizierter Geschichte und noch komplexerer Religion. Wir haben viel über das Land gelernt und danken Vivek sehr für die Begleitung dieser Reise. Ich meine, wir haben keinen guten Reiseleiter gehabt, sondern einen außergewöhnlich Guten. Als Chronist erlaube ich mir auch ein Wort über die Mitreisenden. Herzlichen Dank an alle. Ich denke wir waren eine gut harmonierende Gruppe und es hat allen sehr gut gefallen.

Morgen ist Rückreise nach Delhi, Abschlussessen und Vorbereitung auf den Heimflug.

Hiermit beende ich die Chronistenpflicht für Berge & Meer und sage Phir milenge in Indien.

Sie möchten auch nach Indien reisen?

Mit Berge & Meer Indien entdecken