7. Tag:
Wir nehmen heute eine Strecke von ca. 220 km in Angriff. Vivek erzählt uns während der Fahrt etwas über das Kastenwesen. Es ist einerseits ziemlich kompliziert, weil vielschichtig, andererseits aber auch einfach, weil vor der indischen Verfassung alle Menschen gleich sind. Aber hier ist die Verfassung auch zwiespältig, denn sie fördert durch Quoten die aktenmäßig Benachteiligten, wodurch inzwischen die früher prädestinierten Kasten in Nachteil gekommen sind. Aber Verfassung und tatsächliches Leben klaffen halt weit auseinander. Trotzdem hat sich auch in den letzten Jahren vieles geändert. So spielt im täglichen Lebensablauf die Kaste eine immer geringere Rolle. Kinder aller Kasten gehen in gemeinsame Schulen (staatlich kostenlos oder privat gegen Entgelt). Im Beruf arbeiten die Menschen verschiedener Kasten zusammen. Im persönlichen Leben der Familien spielen Kasten aber auch heute noch eine große Rolle. So ist es z. B. sehr schwer, kastenübergreifend zu heiraten.
Es gibt grundsätzlich fünf Kasten, die sich durch Rangfolge, insbesondere durch die Berufe und die Eigenheiten der verschiedenen Hindu-Religionen, von oben nach unten unterscheiden. Die oberste Kaste ist die der Brahmanen. Auf weitere Einzelheiten kann ich hier nicht eingehen, das würde buchfüllend. Der Turban ist ebenso ein besonderes Kapitel. Es gibt sie sehr vielfältig nach Stämmen, Religion und Sitten erkennbar. Sie werden aber immer weniger im Alltag getragen. Der älteste der Stammfamilie trägt immer einen weißen Turban.
Unsere Überlandfahrt endet nach ca. 5 Stunden in Nimaj. Unser Hotel ist nicht mit unserem Bus zu erreichen. Also gehen wir zu Fuß die ca. 900 m lange und schmale Gasse an den vielen Lädchen vorbei und erreichen den Nimaj-Palace, einen alten Landsitz, der zum Hotel umgebaut worden ist. Wir fühlen uns gleich wohl. Viel Zeit bleibt uns nicht, denn um 15:30 Uhr starten wir zu einer Jeep-Safari ins wüstenähnliche Buschland.
Unser 1. Stopp ist ein alter Hindu-Tempel aus dem 9. Jh. Er war ursprünglich ca. 40 m hoch. In der Ruine ist immer noch Leben. Es gibt einen Altar mit Gottpuppe, den die Gläubigen umrunden und anbeten, wie wir beobachten konnten.
Unser 2. Stopp war ein typisches Dorf dieser Gegend. Wir erleben hautnah und wirklich authentisch, wie die Menschen hier leben. Sie wussten natürlich, dass wir kommen; man sah auch, dass der Hof frisch gefegt war, aber ansonsten bewegte sich im Dorf alles natürlich. Wir konnten uns überall umsehen und die Menschen hatten auch keine Scheu uns ihre kleinen Häuschen zu zeigen. Ich sah hinten im Dorf eine Männerrunde auf der Erde sitzend spielen, die ich zufällig entdeckt hatte. Das Spiel erinnert mich etwas an unser ''Mensch ärgere Dich nicht''.
Auf einem Hof sahen wir einen alten Mann, wie er nach alter Tradition töpferte. Beeindruckend, mit welcher Fingerfertigkeit und Geschwindigkeit er seine Waren herstellte.
Auf einem anderen Hof haben wir uns die Räumlichkeiten angesehen und der Bauer und Vivek demonstrierten uns, wie man früher im Schnellverfahren Opium herstellte und damit seine Gäste begrüßte.
Es ging auf den Abend zu und wir sahen viele Frauen und Mädchen zum Brunnen gehen und Wasser holen. Die älteren Frauen trugen alle sehr viel Schmuck, hauptsächlich Gold. Dies zeigt wieder einmal, dass hier keine unbedingte Armut herrscht. Die Dorfbevölkerung hat durch die Landwirtschaft, Tierprodukte und Handwerk (siehe Töpfer) ihr Auskommen.
Bevor wir unseren 3. Stopp erreichen, sehen wir im Buschland eine Art Antilopen; sie heißen auf Englisch ''Blue Gau''. Es sind ein starker Bulle und mehrere weibliche Tiere zu sehen. Wir pirschen uns etwas an und fotografieren, aber die Fluchtdistanz ist doch ziemlich hoch. Trotzdem, Glück gehabt!
Beim 3. Stopp erklimmen wir einen kleinen Hügel, uns werden zu Trinken und Kekse gereicht und so warten wir auf den Sonnenuntergang. Aber unser Stern versteckt sich zum Schluss im Dunst, so dass es kein Sonnenglühen gibt.
Nach der Rückkehr zum Hotel hat unser Reiseleiter Vivek natürlich noch eine Überraschung für uns bereit. Vor dem Abendessen gibt es noch eine folkloristische Darbietung mit Musik und Tanz, die zum Abschluss mit einem Feuerwerk gekrönt wird. Herzlichen Dank dafür! Nach dem Abendessen wird noch geklönt und dann geht es ''ab nach Bett''. Tschüss bis Morgen.