9. Tag
Nach einem ausgiebigen, exzellentem Frühstück brachen wir zu einem langen Tag - zeitlich wie räumlich - nach Norden entlang der Atlantikküste auf.
In Henties Bay - einem beliebten Ferienort - machten wir unseren ersten Stopp. Bei einem kurzen Spaziergang an die Küste kamen wir dem gestrandeten Fishtrawler "Zeila" relativ nah, der zur Kormorankolonie geworden ist. In den seichten Gewässern der Skelettküste liegen viel Schiffswracks, allerdings nicht so nah am Ufer.
Plakativ erkennt man in Henties Bay die krassen Gegensätze innerhalb der Bevölkerung. Moderne Villen liegen neben den - im staatlichen Bauprogramm erstellten - Einzimmer-Häuschen und großen Townships. Aber auch diese Gegensätze verhindern nicht, dass die Einwohnerzahl von Henties Bay sich in der Urlaubszeit verdreifacht.
Für die nächsten 1½ Stunden ging es landeinwärts bis zu einer Himba-Siedlung im Khorixas District. Wir hatten uns - wie auch für den nächsten Stopp - mit Lebensmitteln eingedeckt, da diese wirklich den Familien zugutekommen. Wenn man Geld spendet, besteht die Gefahr, dass alles vom Stammesoberhaupt behalten wird. Die Himba-Frauen - alle mit kleinen Kindern - verkauften allerlei selbstgemachte Souvenirs.
Bei unserer weiteren Fahrt passierten wir die "Elefantenpassage", an der die Wüstenelefanten mehrfach im Jahr den teilweise wasserführenden Ugab, aber eben auch die Straße passieren.
Nunmehr im Damaraland - erreichten wir nach kurzer Fahrt eine Herrerosiedlung. Der Stamm, der durch seinen Aufstand gegen die deutschen Kolonialherren und dessen Niederschlagung durch das deutsche Expeditionskorps 1904 bekannt ist, hat sich in Namibia weitgehend adaptiert. Die Siedlung, die wir besuchten, ist primär für die Touristen gedacht, weniger Wohn- oder Arbeitsplatz. Die Herrerofrauen - ebenfalls mit vielen Kindern - unterscheiden sich durch ihre Bekleidung deutlich von anderen Stämmen. Beeinflusst durch Missionare tragen sie traditionell koloniale Kleidung, ergänzt durch einen typischen - besonders eindrucksvollen - Kopfschmuck.
Weiter ging es zum Highlight des Tages, nach Twyfelfontein. Die berühmte Felsenkunstfundstelle gehört seit 2007 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Den Namen "Zweifelquelle" erhielt der Ort von den ab 1947 dort siedelnden weißen Farmern, die die zeitweise versiegende Quelle nicht zuverlässig fanden. 1964 wurde das "Farmen" endgültig aufgegeben, die Ruine des Farmhauses ist noch vorhanden. Seitdem wird der Name Twyfelfontein für das gesamte Tal verwendet. Eine Führerin, die uns in Deutsch und in Damara, ihrer Muttersprache mit Knick- und Schnalzlauten begrüßte, führte uns in das Felsengebiet mit über 2.000 Gravuren. Schnell wurde klar, warum die Formation von den Damara ursprünglich /Ui//aes "Ort der aufeinander gepackten Steine" genannt wurde.
Auf den Felsen befinden sich vorwiegend Tierabbildungen, aber auch geometrische Karten. Neben den Gravuren gibt es auch Felsmalereien was eine weitere Besonderheit bedeutet. Der Weg durch die Formationen sollte unbedingt mit festem Schuhwerk und ausreichend Wasser absolviert werden, der Vorschlag unserer Führerin sollte befolgt werden: "jeder klettert auf dem schwieriger werdenden Weg so weit, wie er sich persönlich den Rückweg zutraut!". Die Felsgravuren waren wirklich beeindruckend und in ihrer Vielfalt kaum aufzunehmen. Die bekannteste Gravur, der "Löwe mit dem abgeknickten Schwanz" war auch für unsere Gruppe das beliebteste Fotomotiv.
Die Reisegruppe sammelte sich im Informationszentrum, in dem man sehr schöne Holzfiguren kaufen konnte - wir entschieden uns für einen Leoparden und eine Giraffe.
Weiter ging es 10 km Richtung Osten bis zum Damara Living Museum. Die Damara, die neben den Buschleuten als die Ureinwohner Namibias gelten, versuchen mit diesem "lebenden Museum" ihre eigentlich verloren gegangene Kultur wieder zum Leben zu erwecken. Eine Damara-Frau mit guten Deutschkenntnissen brachte uns die Geschichte und Entwicklung der Damara näher und stellte uns die handelnden Personen vor. An verschiedenen Stationen zeigten sie uns wie sie mit einfachen Mitteln Feuer machen, Messer schmieden oder natürliche Arzneimittel herstellen. Zum Abschluss gab es den obligatorischen Tanz - selbst die Kleinsten beteiligten sich - und die Möglichkeit zum Kauf ihrer Produkte.
Die letzte Etappe brachte uns zur Damara Mopane Lodge. Kurz vor Eintreffen begann überraschend ein Starkregen, der die Umgebung verdunkelte und auch unseren Fahrer zu Schritttempo zwang. Der Vorplatz der Lodge war völlig überflutet und wir wurden auf dem kurzen Weg bis unter das Vordach völlig durchnässt. Auch solches Wetter gibt es in Namibia. Das leckere Abendessen, guter Wein und die nett eingerichteten kleinen Häuschen, die wir bezogen, versöhnten uns schnell wieder. Ein langer, aber sehr ereignisreicher Tag war zu Ende.