5. Tag
Etwa 2500 Kilometer von Zuhause entfernt und mit 31 Jahren habe ich das Geheimnis des Lebens kennengelernt. Dazu aber erst später mehr!
Der Tag begann für die Gruppe und mich schrecklich: Der Service im Hotel Esperidi Park bei Selinunte war eine Katastrophe. Eigentlich schade, denn das Hotel selber ist modern und mit schönen Zimmern und komfortablen Betten ausgestattet. Das Personal war allerdings schon fast unverschämt. Im ganzen Hotel war es kalt und zugig, die Klimaanlage wurde – trotz Bitte – nicht abgestellt. Außerdem war es sehr hellhörig.
Nach dem Abendessen - das schon nicht meinem Geschmack entsprach (Schwertfisch in jedem Gang), wollte ich mir - natürlich gegen Bezahlung - wenigstens einen leckeren Nachtisch gönnen. Aber in diesem 4-Sterne-Hotel gab es ("angeblich") nichts außer Äpfeln und Birnen zum selbst schälen. "No grazie!" Auch beim Frühstück: Massenabfertigung.
Glücklich endlich im Bus zu sitzen, freuten sich auch die anderen Reiseteilnehmer auf den heutigen Tag, der viele Überraschungen bereit halten sollte.
Marsala, eine Stadt, die ich bisher nur mit dem Wein in Verbindung gebracht hatte, entpuppte sich als die Stadt, die mir einen langen Wunsch erfüllen sollte. Aber das Geschichtliche zuerst: Die gesamte Gruppe spazierte durch das Garibaldi-Tor. Der Freiheitskämpfer Guiseppe Garibaldi landete dort mit tausend Mann am 1. Mai 1860, um Italien zu vereinen.
Weiter ging unser Rundgang zum Dom und dem Rathaus. Nach dem verregneten Tag gestern, waren uns die griechischen Götter heute hold und die Sonne schien. Und damit bin ich auch zu meinem Wunsch gekommen – und zwar der, nach einer besonderen Sonnenbrille! Nach einem Espresso bummelte ich noch ein wenig durch die Gassen der Altstadt und da fand ich sie. Mein neues Lieblingsstück, das ich trotz wechselhaften Wetters den ganzen Tag nicht mehr auszog.
Auch das ist für mich Italien...
So langsam knurrte uns der Magen und wir machten uns auf die Suche. Was wir fanden war ein Mittagessen der besonderen Art. Ein Agriturismo mit wunderbaren sizilianischen Speisen, hausgemachtem Olivenöl und Couscous (hier merke ich deutlich den arabischen Einschlag in diesem Teil des Landes). Dazu Wein und eine Sängerin, die mit ihrer Gitarre auch mal schmutzige und anrüchige Lieder spielte. Es war sehr lustig!
Die Köchin Colette – eine ehemalige Pilotin der Al`Italia und jetzt mit Gummistiefeln bekleidet – verriet es dann. Das Geheimnis des Lebens: "Am Tisch und im Bett darf jeder machen was er will! " So einfach ist es.
Das Essen war hervorragend und gestärkt gings dann weiter in die Marzipan-Stadt Erice. Auf einem Berg in 750 Metern Höhe gelegen, besichtigten wir den Dom und den Ort. Einfach eindrucksvoll war die Fahrt nach oben mit der Aussicht auf die Ebene mit den saftiggrünen Feldern und dem blauen Meer. Bei Zia Maria habe ich den Tag mit einem Stück Marzipan gekrönt. Eigentlich mag ich kein Marzipan, aber dieses schmeckte ganz anders und ganz toll.
Jetzt sitze ich im Zimmer in Palermo. Ich bin gespannt was diese chaotische Stadt bereithält. Die Reise nähert sich dem Hauptgang – und ich habe Hunger!