9. Tag
"Be sure to wear some flowers in your hair
oder: ein Tag in San Francisco mit Gänsehaut im Streifenkleid, Lichtbändern im Beton, internationalem Orange, aufdringlichen Möwengangs, einer gewundenen Straße und Clam Chowder"
Das Frühstück ist heute eigentlich keiner Erwähnung wert: Es gibt Toast, Marmelade und ein hart gekochtes Ei auf Plastikgeschirr. Das "Highlight" ist ein Joghurt! Der Kaffee kommt aus großen Thermoskannen und wird in Pappbecher gefüllt, die man nur noch am oberen Rand packen kann, will man sich nicht die Finger verbrühen. Von dem "Genuss" des Orangensaftes sehe ich ab, als ein Mitreisender aus dem Automaten eine leicht orangegefärbte Flüssigkeit entnimmt, die mit dem mir bekannten Fruchtgetränk nichts zu gemein hat.
Als ich mit meinem Koffer zum Bus rolle, steht unser Busfahrer George wie üblich bereits vor diesem und lädt sorgsam das Gepäck aller Reisenden ein. Dabei fällt mir auf, dass ich ihn in meinem Bericht bisher noch gar nicht erwähnt habe, obwohl seine Arbeit so entscheidend dazu beiträgt, dass diese Reise so reibungslos verläuft. Aber wie sagt man: Man merkt erst, dass etwas gut funktioniert hat, wenn es dies nicht mehr tut. Dies soll mir an dieser Stelle nicht passieren, denn ohne George würde wir nicht so sicher und sanft durch das Land fahren, wie wir es tun. Er kennt sich in allen Städten, auf allen Highways und Interstates bestens aus. Niemals stehen wir lange im Stau, weil er die günstigsten Routen kennt und uns immer zur rechten Zeit an den vorbestimmten Ort bringt. Dabei hat er immer ein Lächeln und ein freundliches Wort für uns Reisende. Wenn wir den Bus für einen Stopp verlassen steht er vor der Treppe und hält allen helfend die Hand entgegen. Auch wenn die Menschen in meiner Reisegruppe alle fit und überwiegend jung sind, genießen wir alle diese zuvorkommende Art Georges.
Ein Stunde nach unserer Abfahrt erreichen wir San Francisco über die Bay Bridge, deren Neubau Arnold Schwarzenegger als kalifornischer Gouverneur unterstütze, während das gleichnamige Lied von Scott McKenzie aus der Lautsprecheranlage des Busses erschallt. "If you're going to San Francisco, be sure to wear some flowers in your hair", singt McKenzie. Ok, vergessen! Die nächste Zeile ist ein Versprechen: "You're gonna meet some gentle people there!" Ich bin gespannt.
Wir fahren vorbei an tristen Fassaden und grauen Häuserschluchten. Überall auf den Gehsteigen zeigen sich Camps von Obdachlosen, die hier in Scharen auf den Straßen leben. An fast jedem Haus sind die typisch amerikanischen Feuerleitern angebracht. Während die Stahlleiter ab dem ersten Stock als Außentreppe geführt ist, findet sich an allen Immobilien zwischen dem Boden und der ersten Etage eine Art Klappleiter. Betritt man die von oben und belastet sie somit, fährt sie sich automatisch aus und ermöglicht so das Herabsteigen im Notfall. Eine clevere Technik.
Wir stoppen am Rathaus. Jetzt erst merke ich, dass die Temperatur seit unserer Abfahrt in Modesto deutlich gefallen ist. Es ist mit 60 °F sehr kalt und zudem ausgesprochen windig. Während wir in Palm Spring bei 110 °F schwitzten bibbere ich nun vor mich hin und bereue meine Kleiderwahl! Eine lange Hose, ein dicker Pulli, Schal und Jacke wären angemessen gewesen. Stattdessen stehe ich nun in meinem Blockstreifenkleid frierend in den Straßen San Franciscos. Für den "Notfall" hatte ich einen Pullover über die Schultern geworfen. Als ich ihn überziehe, bemerke ich leider keine wesentliche Verbesserung. Ich fluche auf den Onlinewetterdienst, der für den heutigen Tag sonnige 25 °C versprach. Ob ich den Vorhersagenden wohl verklagen kann, wenn ich Erfrierungen erleide?
Auf der dem Rathaus gegenüberliegenden Straßenseite ist der Asphalt mit aufgemalten Blumen übersäht. Das Kunstprojekt ist ein Teil des LIV (Living Innovation Zone Program), das über wechselnde, kreative Installationen Menschen miteinander in Kontakt bringen möchte und gleichzeitig in Erfahrung bringen will, wie man die Stadt langfristig lebenswert gestalten kann. Ich setze mich, wie viele andere Menschen, neben eine der großen Blüten auf dem Gehweg, um mich mit den bunten Bemalungen in der eher tristen und noch nebeligen Umgebung abzulichten.
Recht zügig finde ich mich wieder im Bus ein. Wir fahren zur St. Marien Kathedrale (St. Mary's Cathedral), einer römischen Kathedrale aus dem Jahr 1971. Sie ist 58 Meter hoch und weist zusätzlich noch ein 17 Meter hohes, goldenes Kreuz auf. Der von Pier Luigi Nervi und Pietro Belluschi entworfene Bau, wird als expressionistisch-modern bezeichnet. Das Satteldach besteht aus acht Segmenten von hyperbolischen Paraboloiden, so dass sie ein Kreuz bilden. Von außen wirkt die moderne Architektur auf mich zunächst etwas kühl. Der glatte Beton des Gebäudes ragt leblos in den milchigen Himmel und verschmilzt optisch fast mit diesem. Als ich die Kirche betrete, bin ich positiv überrascht. Die moderne, reduzierte Architektur verbreitet im Inneren eine klare und besinnliche Atmosphäre, die eine positive Ausstrahlung besitzt. Über den Bankreihen ist im Kirchdach ein Kreuz aus buntem Fensterglas zu bewundern, das sich vom Boden der jeweiligen Seitenwände bis zur Decke zieht, wo sich die Linien treffen. Während die Lichtbänder im unteren Teil bläulich gefärbt sind, verläuft die Farbgebung bis zur Decke zu hellem Gelb. In einem weißen Glasqaudrat, das einen glänzenden Schimmer über das Kirchenschiff verbreitet, laufen die Bänder zusammen. Über dem Altar erblicke ich eine Installation aus silbernen Stahlstangen, die wie riesiges Lametta zur der Decke streben und sich nach dort, in ihrer Quantität abnehmend, verjüngt. Vielleicht ein Symbol des herabkommenden Geistes? Als ich mich nach Süden wende, sehe ich die bemerkenswerte moderne Orgel aus der Werkstatt von Fratelli Ruffatti aus Padua. Die Pfeifen sind, separiert vom Spieltisch, auf einer erhöhten Stehle angebracht und zieren die Kirche wie eine Installation. Währen ich wieder aus der Kirche trete, bricht die Sonne langsam hervor und der Hochnebel nimmt ab. Über der Kirche öffnet sich an ein paar Stellen der blaue Himmel und gleich wirkt das glatte Gebäude viel freundlicher.
Kalt bleibt es jedoch, auch wenn Fred sagt, dass wir, für die Verhältnisse in San Francisco, unheimlich gutes Wetter erwischt haben, kann ich mich, vielleicht weil ich mich gerade auf die Temperaturen in der Wüste eingestellt hatte?!, nicht so recht mit den Gegebenheiten anfreunden und die Gänsehaut an meinen Beinen offenbart dies äußerlich.
Es geht nun hinaus in die Villenviertel. Hier wirkt die Stadt deutlich ansprechender auf mich. Die in holzbauweise errichteten und in grau, taubenblau, smaragdgrün, eierschalengelb, rosa und weiß gestrichenen Häuser mit den großen Treppenaufgängen und den imposanten Erkern sind meist schmal zur Straße hin gebaut. Dies ist darin begründet, dass früher Steuern für die Länge der Hausfront zur Straße entrichtet werden mussten. So konnte sich nur besonders reiche Menschen ein breites Haus leisten oder gar eins, das sich auf einer Straßenecke befand.
Über uns sind zahlreiche Strom- und Telekommunikationsleitungen gespannt und verbauen die freie Sicht auf den Himmel. Wie Fred erklärt, werden die Leitung wegen der Erdbeben nicht unterirdisch verlegt. Reißt eine Leitung bei einem Beben, sind diese überirdisch viel leichter zu reparieren.
Kurz bevor wie den Central Park erreichen, streckt uns aus einem Fenster eines Shops eine überdimensionale Frauenfigur ihre in Netzstrümpfe gehüllten Beine mit ihren roten Pumps entgegen.
Als wir im Central Park aussteigen, haben wir kurz Zeit, das Kunst- und das Wissenschaftsmuseum (von außen!) zu sehen. Gerne hätte ich die Ausstellungen besucht, doch dafür bleibt keine Zeit. Also höre ich kurz der öffentlichen Probe der "Golden Gate Park Band" zu, die via Plakat und durch ihre akustischen Reize für das Konzert am Abend werben.
Es geht vorbei an dem großen Springbrunnen und einer Gruppe Tai-Chi praktizierender Menschen, der Bewegungen im trubeligen Park eine bemerkenswerte Ruhe ausstrahlen.
Vor dem Kunstmuseum, das zurzeit eine Ausstellung zum Thema "Summer of Love" zeigt, finden sich auf Böden und Wänden riesige Aufkleber ehemaliger Ansteckpins mit Botschaften wie: "Make Love - Not War", "I choose Peace" und "You´re sitting on my hair", die unmissverständlich auf die "Flower Power" Zeit der Stadt verweisen.
Kurze Zeit später steuern wir die "Golden Gate Bridge" an und haben Glück, dass wir diese außerplanmäßig fußläufig überqueren dürfen. Fred gibt uns dazu eine Stunde Zeit. Tatsächlich benötigt man gut 40 Minuten, um auf die andere Seite der 2.737 Meter langen Brücke zu gelangen, wenn man einige Male zum Fotografieren stoppt.
Bei solchen "Extras" zeigt sich einmal mehr, wie viel Glück wir mit Fred, unserem sehr erfahrenen Reiseleiter haben. Seit 34 Jahren kommt er an die Westküste der USA und führt hier Reisegruppen. Er hat ein enormes Wissen über Land und Leute und kennt sich in allen Städten und Dörfern bestens aus. An allen Stellen, die wir anlaufen ist er bekannt wie ein bunter Hund. Halten wir, weiß er genau, wohin man schauen oder wie man fotografieren muss und teilt dies über Mikrofon mit. Immer sind wir bestens informiert. Kommen wir an den Hotels an, steigt Fred aus, checkt uns ein und verteilt die Zimmerkarten. Er gibt kund, wann wir wo das Frühstück einnehmen können und achtet während der Fahrt darauf, dass wir regelmäßige, kurz Pausen einlegen, bei denen wir unsere Essensvorräte auffüllen können. Auch dabei gibt es immer Tipps, wie große Vorräte wie anlegen oder welche lokalen Spezialitäten wir probieren sollten. Fred ist für uns also ein wahrer Glückstreffer!
Noch mehr weiß ich dies zu schätzen, seit ich im Grand Canyon Nation Park ein deutsches Ehepaar getroffen habe, das mit dem Mietwagen auf eigene Faust unterwegs war. Sie berichteten, wie lange sie in den Städten im Stau gestanden und wie oft sie sich verfahren hätten. Sie sagten, dass es stressig sei, die hunderten von Kilometer täglich zurückzulegen, um all die vielen Sehenswürdigkeiten zu erleben und schilderten, dass es sogar Probleme bereitet einen Supermarkt zu finden, wenn man nicht ortskundig ist, von einem Parkplatz ganz zu schweigen. Ich schließe, dass man, fährt man selbst mit dem Auto, zwar freier entscheiden kann, wie lang man sich wo aufhält, die Chance hat, auch mal eine Wanderung zu unternehmen, ein Museum zu besuchen oder vielleicht sogar eine Rafting Tour mitzumachen, dafür aber viele Stunden mit lästigen, zeitaufwändigen du belastenden Suchen und Planungen verbringt.
Als wir den Bus an der "Golden Gate Bridge" verlassen, erklärt Fred, dass das "Golden Gate" eigentlich die Landenge ist, durch welche sich das Festland zum offenen Pazifik hin öffnet. Während sich in der Bay vor der Brücke viele Segler tummeln, wagen sich, so erklärt Fred, nur die versiertesten unter der Brücke hindurch auf den offenen Pazifik, da sie dort auf besondere, Erfahrung voraussetzende Strömungsverhältnisse treffen.
Auf der Brücke pfeift der Wind und die Haare schlagen mir um das Gesicht, so dass ich sie zum Zopf zusammenbinden muss. Ich beneide die Menschen, die hier mit Wind- oder Winterjacke, Schal und langer Hose unterwegs sind, während ich die Zähne zusammenbeiße und mit meinem kurzen Kleid über die Brücke spaziere. Dieses einmalige Erlebnis lasse ich mir von der falschen Kleiderwahl natürlich nicht nehmen. Einzigartige Ausblicke auf das Stadtpanorama, die ehemalige Gefangeneninsel Alcatraz und den Jachthafen auf der gegenüberliegenden Landseite zeigen sich. Neben mir reihen sich Autos Stoßstange an Stoßstange auf sechs Fahrstreifen aneinander. Mehrfach passieren "Hop On Hop Off Busse", die einem Cable-Car-Wagon nachgebildet sind und mit zahlreichen Touristen besetzt sind, die mit gezücktem Smartphone im 90° Winkel zur Fahrbahn sitzen.
Mit Faszination betrachte ich das System der Stahlseile, die die Brücke, welche in "International Orange" gestrichen ist, über mir. Die 1937 eröffnete Brücke und von Joseph Strauss konstruierte muss ständig Instand gehalten werden, so wird die Brücke ständig neu gestrichen. Sobald die Kolonne der Streicher am Ende der Brücke angekommen ist, beginnen sie auf der anderen Seite wieder von vorne.
Unsere nächste Station ist der Hafen. An Pier 43 halten wir gleich gegenüber des Leuchtschildes: View Alcatraz. Bevor ich meinen zusätzlich gebuchten Bootsausflug durch die Bay antrete, bleibt mir noch eine knappe Stunde, um mir bei einem der vielen Fischhändler ein Mittagessen zu besorgen. Ich entscheide mich für das klassische "Fish and Chips". Doch nicht nur ich freue mich auf den frittierten Fisch. Von mir zunächst unbemerkt, hat bereits eine Möwe ein Auge auf meine duftende Speise geworfen und steuert im Tiefflug auf mich zu. Mein Essen schützend laufe ich unter das nächste Überdach. Was für ein Biest! Als ich mich genauer umsehe stelle ich fest, dass die Möwe kein Einzelräuber ist. Ganze Clans lauern hier den arglosen Touristen auf. Die Gang geht dabei, wie ich bald beobachten kann, nach einem perfiden Plan vor: Eine Möwe greift einen Touristen an, der gerade am Fischstand gekauft hat, dieser lässt seine Schale fallen und die gesamte Möwenmeute stürzt sich dann auf die Beute. Eine gemütliche Mittagspause wird es heute nicht, denn beim Essen muss ich andauernd nach den Möwengangs Ausschau halten! Als ich das Boot betrete, erhalte ich einen Audioguide, welcher mir während der Tour viele Informationen zu all jenem geben wird, was am Ufer der Bay zu sehen ist. Wir fahren bis zur Golden Gate Bridge, drehen unter dieser und kehren wieder zurück zum Hafen. Ein netter Ausflug, der uns eine andere Perspektive einnehmen und die Stadt so aus neuen Blickwinkeln erleben lässt. George bringt uns nun für einen kurzen Aufenthalt und zum Abladen der Gepäckstücke in unser Hotel, welches auf mich einen recht altbacken, daher nennt es sich "historic", Eindruck macht. Die dunklen Korridore sind mit schweren Teppichen belegt und der Koffer rollt nur recht wiederwillig über den Untergrund. Das Zimmer ist, im Gegensatz zu den vorherigen Unterkünften recht klein und weist, wie die anderen Unterkünfte, wieder einmal kein Deckenlicht auf. Aus dem Fenster hat man Ausblick auf die eine andere Zimmerreihe des Hotels. Außer dieser Außenwand kann ich nur noch ein Stück des Himmels sehen, ansonsten blicke ich nur auf die wenig dekorative Mauer. Da es aber gleich schon wieder zur nächsten Stadtrundfahrt geht, bleibt ohnehin nicht viel Zeit, sich weitere Gedanken über Zimmer oder Aussicht zu machen.
Der Bus, der uns um halb Sechs wieder aufnimmt, macht sich mit uns auf den Weg zu den Twin Peaks. Während wir durch die Stadt fahren, kommt es einer Planänderung. Fred stellt fest, dass sich die Wetterverhältnisse gerade geändert haben, was in San Francisco unheimlich schnell geht und beschließt, dass sich wir von einem Besuch der Twin Peaks, die nun im Nebel liegen und keine schöne Sicht mehr auf die Stadtermöglichen, die Lombard Street ansteuern, zu der wir jedoch zu Fuß emporsteigen müssen. Auch hier zeigt sich wieder, wie sinnvoll es ist einen Führer bei sich zu haben, der die örtlichen Verhältnisse so gut kennt. Am Fuß des Berges steigen wir also aus und laufen den steilen Hügel empor. Auf den Schildern ist angeordnet, dass hier nur im 90° Winkel zur Straße geparkt werden darf, da ein Hinabrollen nicht riskiert werden soll. Überhaupt, so klärt uns Fred auf, sei es in San Francisco geboten, die Reifen, beim Parken am Hang, in Bordsteinrichtung einzuschlagen, um ein Wegrollen zu verhindern. Wer dies nicht beherzige müsse mit empfindlichen Strafen rechnen.
Neben uns stauen sich inzwischen Autos den Berg hinauf, wobei ich noch nicht verstehe, warum sie dies tun.
Als wir auf der Kuppe zur Lombard Street ankommen, sehen wir zunächst eines der berühmten "Cable Cars", die an Seilwinden die steile Straße hinaufgezogen werden. Ihr Erfinder, der Ingenieur Andrew Smith Hallidie konnte es nicht mehr mitansehen, wie die Menschen ihre Einkäufe aus der Stadt die steilen Hänge hinaufschleppten und entwickelte in seiner Freizeit die Cable Cars. Um mich herum stehen zahlreiche Menschen auf der Straße. Alle haben Fotoapparate und Handys in der Hand. Als ich dann die Lombard Street hinunter blicke, erkenne ich den Grund und bemerke auch, dass der Grund des Autostaus die Lombard Street selbst ist. Es handelt sich dabei um eine in Serpentinen geführte Straße, die gesäumt ist von großen Hortensienstauden, die in den Ausbuchtungen der Straße in großen Beeten gepflanzt sind. Fred legt dar, dass die Anwohner der Lombard Street einst die Stadt gebeten hätten, ihre Straße in Windungen anzulegen, da sie ihnen deutlich zu seil erschien. Dem kam die Stadt, nach einiger Zeit, auch nach. Allerdings hätten die Anwohner nicht gedacht, dass dieser Umbau ihre Straße zu einer der berühmtesten Sehenswürdigkeiten der Stadt machen und dafür sorgen würde, dass von nun an Tag und Nacht tausende von Touristen genau diese Straße durchfahren wollen. Als die genervten Anwohner die Stadt baten, die Straße aufgrund dessen doch wieder zu begradigen, kam dies der Stadt jedoch nicht mehr in den Sinn, war die Straße doch zu einem der Wahrzeichen geworden. Nachdem George uns am Fuß der Lombard Street wieder aufgenommen und im China Town wieder abgesetzt hat, laufen wir durch das chinesische Viertel mit den asiatisch gestalteten Hausgiebeln, die pagodenförmig gestaltet sind. Über die Straße sind rote Lampiongirlanden gespannt und in den Geschäften findet sich, neben durchaus schönen und aufwändig gestalteten chinesischen Produkten auch so mancher Ramsch vom asiatischen Markt.
Kurze Zeit später finden wir uns wieder am Meer, dieses Mal am Pier 39. Der Wind weht unerbittlich und obwohl ich im Hotel die Kleidung gewechselt habe und nun eine lange Hose, Pullover, Jacke und Schal trage, friere ich noch immer. Pier 39 bietet nicht nur zahlreiche Restaurants, sondern auch eine Menge Unterhaltung. In der Mitte der Holzhäuschengruppe führen Artisten Kunststücke vor, ein altes Karussell dreht sich gleich daneben. Souvenirläden gibt es ebenso wie Süßigkeitenbuden, ein 7(!?)D-Kino und eine Greifarmmaschine mit einem riesigen Greifer, an dem man sein Glück darin versuchen kann, einen riesigen Minion mit diesem zu fassen und über die Ausgabeluke zu bugsieren, von wo er dann von den glücklichen Kindern, die mit leuchtenden Augen vor dem Glaskasten warten, in die Hände fällt.
Ich schiebe mich durch die Menschenmenge hinaus an das Meer. Dort liegen die Seehunde auf den hölzernen Bootsanlegern. Es ist unglaublich interessant, den Tieren zuzuschauen. Während auf dem hinteren Bootssteg ein Seehund die um ihn Liegenden mit lauten Rufen tyrannisiert und von der Holzvorrichtung stößt, schlafen im Vordergrund andere schon dicht an dicht. Einige Seehunde haben die Flossen um einen anderen gelegt, einige streicheln oder kraulen einander, manche gähnen oder kratzen sich selbst mit der Schwanzflosse am Kinn. Wäre es nicht so unglaublich kalt, könnte ich hier ewig stehen und die Tiere und ihr Verhalten beobachten.
Zum Aufwärmen gehe ich in die älteste Bäckerei, die Bäckerei Boudin, in der ich die typische Clam Chowder Suppe esse, eine amerikanische Muschelsuppe, die aus großen Venusmuscheln, Speck oder gepökeltem Schweinefleisch, gewürfelten Kartoffeln, Zwiebeln, weiterem Gemüse, Kräutern wie Dill und Thymian sowie Gewürzen besteht.
Den Tagesabschluss bietet uns dann der Weg über die San Francisco-Oakland Bay Bridge, die die Bucht von San Francisco überspannt und die beiden kalifornischen Städte Oakland und San Francisco verbindet. Sie besteht aus zwei einzelnen Hängebrücken mit je zwei Pylonen, die an einem zentralen Betonankerblock aneinanderstoßen. Der Verkehr wird auf zwei Ebenen geleitet. Das obere Deck führt Richtung San Francisco, das untere Richtung Oakland. Von Oakland aus haben wir einen phantastischen Blick auf das nächtliche Stadtpanorama, das uns mit seinen tausenden Lichtern entgegenstrahlt.
Als wir auf dem oberen Brückendeck zurück in die Innenstadt fahren, reihen sich selbst noch jetzt, um 22.00 Uhr, Autos dicht an dicht. Etwa 20 Minuten später endet dann ein spannender, eindrucksreicher aber auch anstrengender Tag zu Ende.