2. Tag
Wie gesagt, Hanoi empfing uns mit Regenpfützen, aber es regnete nicht mehr. Das erste was in dieser Stadt auffällt, sind die handtuchschmalen Häuser. Es sieht komisch aus, wenn die Front nur aus Haustür im Erdgeschoss und jeweils einem Fenster in den darüberliegenden meist drei Stockwerken besteht. Sie sind ansonsten sehr hübsch im Kolonialstil wenn sie neu angestrichen sind.
Das Mausoleum des Ho Chi Minh liegt in einer großen Parkanlage. Das Ganze wirkt irgendwie ''sozialistisch''. Strenge Kontrolle am Eingang, und bitte nicht vom Fußweg herunter gehen. Der grün Uniformierte hat aber aufgegeben, weil wir wohl zu viele waren, die ungestört nach dem besten Platz zum fotografieren suchten. Leider konnten wir nicht ins Innere und den Präsidenten im gläsernen Sarg anschauen. Unser Reiseleiter meinte, die Schlange der Wartenden sei zu lang und es würde zu viel Zeit kosten. Das hat ein bisschen Unmut hervorgerufen. War aber vielleicht gar nicht schlimm, wenn man Thang Glauben schenkt. Er erzählt, dass der Leichnam jedes Jahr von Spezialisten restauriert werden muss und es vielleicht gar nicht mehr er selbst ist? Wer weiß das sicher? Dafür haben wir die Wachablösung im Stechschritt gesehen.
Der Präsidentenpalast liegt gleich daneben. Hier hat Onkel Ho, wie er liebevoll von den Vietnamesen genannt wird, aber nicht gewohnt. Er hat erst ein kleines Haus, später dann ein luftiges Holzhaus bewohnt. Beide Häuser liegen ebenfalls in dem weitläufigen Parkareal mit schönem alten Baumbestand und Teich.
Hier findet man auch die Einsäulenpagode, Diese Chua Mot Cot, ist einer der ältesten Sakralbauten Hanois und hat ihren Ursprung in einer hübschen Legende: Dem alternden kinderlosen Kaiser Ly Thai To erschien eines Nachts im Traum die Göttin Quan und zeigte ihm einen kleinen Jungen. Bald darauf wurde männlicher Nachwuchs im Kaiserhaus geboren. Ly Thai To ließ aus Dankbarkeit 1049 die Pagode bauen. Sie ist einer Lotusblüte nachempfunden und stand ursprünglich auf einer Holzsäule. Nachdem sie von den Franzosen umgestürzt wurde, wurde sie auf einer Betonsäule wieder errichtet. Ein Stilbruch und sehr unschön. Noch heute wird Quan Am von kinderlosen Paaren um Hilfe gebeten.
Es war nicht gerade warm und so waren wir froh, ins Hotel zu kommen. Das Star View ist schon in die Jahre gekommen, hat aber Flair und große Zimmer. Obwohl es mitten in der Stadt liegt, ist der Straßenlärm mäßig laut.
Mittlerweile war es Zwölf Uhr Ortszeit und wir hatten Hunger. Thang erklärte sich bereit, mit uns in ein echtes vietnamesisches Restaurant zu gehen. Er empfahl uns, in den ersten Tagen nur gut durchgekochte und noch heiße Speisen zu essen. Also gab es Nudelsuppe. Jetzt weiß ich, warum die Vietnamesen alle so zierlich sind. Nudelsuppe mit Stäbchen. Und die Nudeln sind mindestens dreimal so lang wie ordentliche Spagetti. Ich müsste verhungern, Thang schafft das ohne sich zu bekleckern.
Nach einer Mittagspause ging es dann zum Hoan-Kiem-See oder Schwert-See Er ist Hanois berühmtester See und trennt Alt–Hanoi vom einstigen französischen Kolonialviertel. Der See ist ca. 700 m lang und entstand als Rückstausee des Roten Flusses und wurde im 19./20. Jh. teilweise zugeschüttet. Der Name ''See des zurückgegebenen Schwertes'' geht auf eine variantenreiche Legende zurück: Anfang des 15. Jh., während der chinesischen Besatzung, übergab der Sage nach eine riesige, im See lebende, goldene Schildkröte dem armen Fischer Le Loi ein magisches Schwert, welches ihn unbesiegbar machte. Er benutzte das Zauberschwert, um in einem erbitterten Kampf (1418-1428) die Truppen der Ming Dynastie vernichtend zu schlagen, und wurde im Jahre 1428 König. Nach der Siegesparade begab sich der junge König zum See, um den Göttern zu danken. Da tauchte die goldene Schildkröte erneut auf und forderte das Schwert zurück. Bevor Le Loi sich entscheiden konnte, löste sich plötzlich das Schwert aus der Scheide, stieg zum Himmel empor und verwandelte sich in einen großen jadefarbenen Drachen, der über dem See schwebte und dann in die Tiefe stürzte.
Le Loi ernannte das Tier zum Schutzgeist des Sees. Aus Dankbarkeit und zur Erinnerung an dieses Ereignis ließ Le Loi auf einer kleinen Insel in der Mitte des Sees den dreistöckigen Schildkröten-Turm (Thap Rua) errichten, der bis vor kurzem das Wahrzeichen Hanois war.
Und wie es der Zufall wollte, wurde tatsächlich aus dem See eine Schildkröte von 2.10 m Länge und 250 kg Gewicht aus dem See geborgen. Sie soll 400 Jahre alt geworden sein und wird heute im Jadeberg Tempel ausgestellt.
Der Jadeberg Tempel liegt auf einer Insel im See und ist über eine rot lackierte Holzbrücke, die The Huc Brücke, zu erreichen.
Anschließend liefen wir durch das Viertel der 36 Gassen. In diesem Viertel waren früher die Handwerker zu Hause. 36 Gassen symbolisierten 36 Zünfte, die jeweils in einer Gasse zu finden waren. Auch heute noch ist alles organisiert. Alle Geschäfte bzw. Händler einer Art zusammen. Auch wenn es seltsam anmutet, wenn nach den Fischhändlern die Blumenstände beginnen.
Zum Abendessen fuhren wir alle gemeinsam in ein Restaurant. Sehr schön mit weißen Tischdecken und Stoffservietten. Es gab ein 6-Gänge Menü, was man in Vietnam so darunter versteht. Es hat aber gut geschmeckt. Und ich lerne langsam doch noch mit Stäbchen zu essen.
Aus Vietnam grüßt
Karin