9. Tag
Los ging's mit einem optionalen Ausflug nach Mecrey, einem schwimmenden Dorf am Fluss Tonle Sap, der sich hier zum See weitete und ebenfalls Welterbe ist: zur Regenzeit vergrößert er seine Fläche und die Tiefe um das Fünffache und kehrt als Fluss seine Fließrichtung um, um die Massen des Mekong abzuführen. Alles spielt sich auf dem Wasser ab: selbst der Unterricht findet auf einer schwimmenden Schule statt, die sogar eine Basketballhalle hat. Manche Anwesen hatten eine schwimmende Geflügel-, ja einige gar eine Krokodilfarm: das Fleisch wurde gegessen, das Leder nach Thailand verkauft. Nach dem Mittagessen folgte der vierte und leider letzte Angkor-Besuch: zum Tempel Banteay Srey knapp 40 km nördlich von Siem Reap. Der rote Bau zählt wegen seiner aufwendigen und scheinbar nicht verwitternden Reliefarbeiten zu den Juwelen der Khmer-Kunst.
Danach folgte eine bittere, aber nötige Geschichtsstunde. Das Pol Pot-Regime zwischen 1975 und 1979 war berüchtigt ob seines Genozids, dem bis zu 2.2 Mio. Menschen zu Opfer fielen: auf der Grundlage eines extremen, steinzeitkommunistischen Maoismus sollte ein neuer agrarischer, einheitlicher „Bauerntyp“ geschaffen werden. Intellektuelle, Minderheiten und andere Bürger wurden auf sog. "Killing Fields" erschossen oder erschlagen. Eine Stupa mit menschlichen Überresten auf dem Gelände eines Klosters erinnert heute an dieses dunkle Kapitel, das umso absurder anmutet, als die damaligen Nr. 4 und 5 der Roten-Khmer-Generalität heute an der Spitze des Landes stehen. Ein Gebäude der Klosteranlage diente damals als Lager.
Mit dem Besuch der folkloristischen "Apsara Dance Performance" im "Crystal Angkor" mit Vier-Gänge-Menü in der Art einer Dinner-Show, klang der Tag aus. Dabei handelte es sich um eine klassische Khmer-Performance, inspiriert vom namens-gebenden Wasser- und Wolkengeist der hinduistischen und buddhistischen Mythologie. Die Apsaras finden sich auf Reliefs der Angkor-Tempel und werden in derselben eng anliegenden traditionellen Kleidung, mit reich verzierten Kopfbedeckungen und vergoldetem Schmuck dargestellt. 2003 wurde der Tanz von der UNESCO als immaterielles Welterbe anerkannt. Kein Wunder: es gibt mindestens 4.500 grundlegende Bewegungen und Gesten, die zu lernen sind. Besonders die Handgesten fallen auf: die Handgelenke und Finger sind in außergewöhnlichen Winkeln nach hinten gebogen und repräsentieren Elemente aus der Natur, darunter Blumen, Blätter und Früchte. Getanzt wird zu Melodien, die auf traditionellen Musikinstrumenten gespielt werden, einschließlich dem Kong Thom (einem Halbkreis aus Metallglockenspielen auf einem Holzrahmen), Rumana (Schlagzeug) und dem Roneat Thung (einem fischskelettförmigen Xylophon). Das war übrigens nach Halong, Hue, Hoi An, Angkor und Tonle Sap bereits das sechste Welterbe auf dieser Reise.